u.a.
Ukraine | Rest der Welt | Energie | Geldpolitik | Startups
und eine “Good News”-Sektion
(insgesamt 14 Minuten Lesezeit)
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Die Ukraine bleibt am Drücker. Große Erfolge in Cherson und Luhansk, eine Explosion in der Kerch-Straße, Nervosität in Russland. Zuletzt etwas Verlangsamung.
Der Oktober war von ukrainischem Momentum geprägt:
- Ein erster großer Durchbruch in der Region Cherson bewies, dass die Ukraine auch ohne Überraschungsmoment und gegen koordinierte feindliche Verbände Erfolge verbuchen kann. Auch in Charkiw/Luhansk, wo im September eine der bemerkenswertesten Operationen der jüngeren Militärgeschichte gelungen war, rückte die Ukraine weiter voran. Gegen Ende des Monats verlangsamte sich das Geschehen deutlich, wohl auch aufgrund des schlechteren Wetters. Die Ukraine scheint wieder in die Abnutzung der russischen Kapazitäten übergegangen zu sein; Russland in den Ausbau seiner Defensivfähigkeiten.
How Ukrainian Strategy Is Running Circles Around Russia’s Lumbering Military – Wall Street Journal
- Die Nervosität in Russland nimmt zu. Die Rückschläge im Donbass und in Cherson sowie die unerwartete Beschädigung der Kerch-Brücke schockierten die Ultranationalisten; ein heftiges strategisches Bombardement gegen zivile Ziele in der Ukraine (das Land kämpft mit Ausfällen bei Strom, Wasser und Wärme) konnte sie nur kurz beschwichtigen. Dissens unter den Elitefraktionen – nicht gegen das Putinsche Regime als solches, doch gegen einander – bildet sich klarer heraus. Im Fokus stehen oftmals Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnergruppe Wagner, und auf der anderen Seite das Militärestablishment um Verteidigungsminister Sergei Shoigu. In der Bevölkerung herrscht derweil weiterhin Unmut gegen die Mobilmachung. Er äußert sich in Attacken auf Rekrutierungszentren und Fluchtbewegungen (Schätzungen zu Anfang des Monats sprachen von 700.000 geflohenen Russen). Ende des Monats gaben Putin und Shoigu gemeinsam das Ende der Mobilmachung bekannt – wohl auch mit Hinblick auf den baldigen Einzug von Wehrpflichtigen, für welchen es Ausbildungskapazitäten benötigt.
Russian Offensive Campaign Assessment, October 29 – ISW
Was passiert im politischen Deutschland?_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Kritische Infrastruktur im Fokus; Niedersachsen mit unklaren Lehren.
Das Interesse eines chinesischen Staatskonzerns am Hamburger Hafen hat eine politische Debatte um die Abhängigkeit von China ausgelöst. Für Irritation sorgte, dass das Kanzleramt die Transaktion entgegen zahlreicher Warnungen durchsetzte. Der Konzern muss noch einem leicht entschärften Gegenvorschlag zustimmen. Für den Hafen wäre es ein wichtiger Erfolg, doch Beobachter blicken skeptisch auf die politische Langfrist.
In Niedersachsen ging die SPD aus der Landtagswahl als Siegerin hervor. Auch die AfD hatte Grund zur Freude. Die Grünen waren zwar stark, doch hatten sich noch mehr versprochen. Für CDU, FDP und Linke war es ein vergessenswerter Abend.
Honorable mention: Die Deutsche Bahn gerät kurz in die Mühlen der Geopolitik, da ein Sabotageakt Fragen über staatliche Verwicklung aufwirft.
Explainer: Die kritische Infrastruktur in Deutschland und Europa (Oktober 2022)
(Mehr in der Rubrik “Wirtschaft in Deutschland”)
Die Welt an den Urnen_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Heute wählt Brasilien, in Kürze die USA und Israel.
Brasilien
Wir erfahren erst heute, wer Brasiliens neuer Präsident wird. Amtsinhaber Bolsonaro blieb unerwartet eng an Rivalen und Ex-Präsidenten Lula dran. Ein vergifteter Wahlkampf durfte damit vier Wochen länger andauern. Lula bleibt Favorit, doch die Nervosität ist spürbar.
Update-Explainer zu Brasiliens Wahl (September 2022)
Deine Watchlist
In Dänemark und in Israel zerfielen Regierungen, womit an beiden Orten am 1. November neue Parlamentswahlen anstehen (schafft Netanjahu es zurück an die Macht?). Auch Nordirland bekommt sich nicht regiert und wählt vermutlich im Dezember neu. Am 8. November wählen die USA Teile ihres Kongresses, mit weitreichenden Implikationen für die Politik des Landes.
Innenpolitik in aller Welt_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Chinas dritte Ära, Chaos in Großbritannien, neues in Frankreich und Italien
China
Eine neue Ära in China hat begonnen, ganz offiziell. Präsident Xi Jinping hat sich eine dritte Amtszeit gesichert, alle relevanten Posten mit Loyalisten besetzt und damit mit der politischen Tradition des “Reformchinas” seit 1979 gebrochen. Das neue China ist autoritärer, selbsterwählt-isolierter und kommunistischer. Sein symbolischer Geburtsakt mag die demonstrative Entfernung von Ex-Präsident Hu Jintao vom Parteitag gewesen sein, im Beisein der gesamten versammelten Parteigranden.
Explainer: Xi Jinping und Chinas dritte Ära (Oktober 2022)
Großbritannien
Chaos im Königreich: Liz Truss dankte nach nur 45 Tagen als Premierministerin ab und wurde durch Ex-Schatzkanzler Rishi Sunak ersetzt. Sie hinterlässt eine noch etwas mehr zerrissene Partei, einen nervösen Finanzmarkt und eine Reihe an wirtschaftspolitischen Kehrtwenden. Müssen wir den Salatkopf noch erwähnen?
EU
Der Macron-Regierung in Frankreich wurde im Oktober nicht langweilig: Streikwellen in mehreren Branchen lähmten das Land, vor allem der Arbeitskampf in der Treibstoffbranche. Linke und rechte Parteien schlossen sich für ein Misstrauensvotum zusammen, doch die konservativen Republikaner sicherten Macron widerwillig die Regierungsfähigkeit.
Italiens neue rechte Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni ist im Amt. Die erste weibliche Regierungschefin des Landes stimmt weiterhin moderate und betont pro-europäische, pro-ukrainische Töne an. Ausgerechnet die einst ultrarechten Fratelli d’Italia werden so zur moderierenden Kraft neben den Koalitionspartnern Forza Italia und Lega.
In der gesamten EU rückt derweil das Thema Flüchtlinge wieder in den Vordergrund, wenn auch medial eher wenig beachtet. Auf der Balkanroute ist so viel Betrieb wie seit 2016 nicht mehr; die Innenminister diskutieren Optionen.
Why has the Balkan migrant route become more active again? – InfoMigrants
Die Krisenherde_
(1,5 Minuten Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Schwere Proteste in Iran; Bürgerkrieg im Äthiopien; keine Waffenruhe im Jemen.t deutlich gegenüber Taiwan.
Iran
Schwere Proteste gegen Ayatollah Khamenei und die Islamische Republik als solche erschüttern das Land. Die Forderungen sind maximalistisch, die Proteste ungewohnt pluralistisch. Noch ist unklar, ob die Demonstrationen erfolgreicher sein können als die vielen Protestwellen der vergangenen Jahre, doch Iran hält den Atem an und der Rest der Welt blickt sehr genau hin. Das Regime wird derweil nervöser: Die Revolutionsgarden drohen, dass heute der “letzte Tag der Unruhen” sei.
Explainer: Iran in Aufruhr (Oktober 2022)
Afrika
Der Bürgerkrieg in Äthiopien nimmt wieder an Fahrt auf. Die Zentralregierung scheint der rebellischen Fraktion TPLF in der nördlichen Region Tigray Niederlagen zuzufügen und wieder Städte in Tigrays Kerngebiet zu erobern. Damit macht der äthiopische Bürgerkrieg auch zwei Jahre nach seinem Ausbruch keine Anstalten abzuklingen.
In Burkina Faso kam es derweil zum nächsten Putsch, welcher eine vorherige Militärjunta aus dem Amt warf. Westafrika und die Sahelzone machen endgültig ihrem Ruf als “Putschgürtel” alle Ehren. Insofern die whathappened-Redaktion richtig mitzählt, handelt es sich um den siebten Putsch in der Region in den letzten zwei Jahren.
Explainer zur Sahelzone (Februar 2022)
Explainer zu Äthiopien (Mai 2021)
Update zu Äthiopien (August 2021)
Asien
Schlechte Nachrichten im Jemen: Ein insgesamt sechsmonatiger Waffenstillstand wurde Anfang Oktober nicht verlängert. Ein kurzes Fenster aus Beruhigung schließt sich für das gescheiterte Land. Nordkorea erinnert derweil die Welt daran, dass es noch existiert und schießt eine Rakete über Japan hinweg.
Honorable mention: Haiti kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Die Regierung ruft inzwischen nach ausländischer Hilfe, um die grundlegende Funktionsfähigkeit des Staates wiederherzustellen – was unter anderem bedeutet, den mächtigen Banden im Land beizukommen. Die USA und Mexiko möchten Folge leisten und sprechen sich für eine bewaffnete Intervention aus.
As U.N. mulls sending troops to Haiti, a gang’s rise shows how hard that would be – Reuters
Viele schnelle Good News_
(1,5 Minuten Lesezeit)
Politik
- Die Türkei entsendet wieder einen Botschafter nach Israel, Zeichen für die sich verbessernden Beziehungen.
- Israel und der Libanon schließen ein historisches Abkommen, welches zumindest faktisch die eigene Meeresgrenze demarkiert und Gasvorkommen nutzbar macht.
- Die verfeindeten Palästinenserfraktionen Fatah (Westjordanland) und Hamas (Gaza) haben ein Versöhnungsabkommen geschlossen. Vielleicht hält es ja diesmal?
- In Frankreich läuft mit dem Verfahren gegen Ex-Warlord Kunti Kamara die Aufarbeitung des liberianischen Bürgerkriegs 1989-1996 voran.
Wirtschaft
- Daten des Kraftfahrt-Bundesamts zeigen, dass die Chipkrise für deutsche Autohersteller abzuklingen scheint.
- Die Bundesnetzagentur äußert sich vorsichtig optimistisch für den Winter. Eine regelrechte LNG-Schwemme vor der europäischen Küste lässt den Gaspreis purzeln. Er hat seit dem August-Rekordhoch rund zwei Drittel verloren.
- Australien startet ein großes Tierschutzprojekt, über welches 30% des Landes unter Schutz gestellt werden sollen.
- Indonesien, Südafrika und die EU vertiefen ihre Klimapläne.
Gesellschaft
- Im indischen Teil des umstrittenen Kaschmirs konnten Menschen Anfang Oktober zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder ins Kino gehen.
- Der Friedensnobelpreis geht an einen belarussischen Aktivisten sowie an zwei NGOs in Russland und der Ukraine. (Mehr) Das ukrainische Volk erhält zudem den Sacharow-Preis des EU-Parlaments.
Forschung und Innovation
- Der Nobelpreis für Medizin geht an einen Evolutionsforscher, jener für Chemie an die Entdecker der sogenannten “Click-Chemie” und jener für Physik an eine Gruppe aus Quantenforschern. Sie hatten bewiesen, dass das Universum nicht gleichzeitig real und lokal sein kann. Komplizierter nur der de-facto-Wirtschaftsnobelpreis: Er wurde für die Erforschung von Bankenkrisen vergeben.
- Das NASA-Manöver, einen Asteroiden durch den Einschlag einer Sonde von seiner Flugbahn abzulenken, ist gelungen.
- Das James-Webb-Teleskop liefert ein spektakuläres Foto der “Säulen der Erde“, nur für den Fall, dass dich der Weltraum nicht bereits genug begeistert hatte.
- Die Archäologie hat im Oktober ein 1.600 Jahre altes römisches Mosaik in Syrien, mehrere Kolonialära-Mumien in Peru und ein schwedisches Kriegsschiff aus dem 17. Jahrhundert hervorgebracht. Zudem fanden Forscher erstmals Neandertaler-DNA aus einer Gemeinschaft, statt wie bislang zeitlich und örtlich verstreute Einzelexemplare.
Wirtschaft: Megathema Energie
(2 Minuten Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Ein wenig (vielleicht kurzlebige) Entspannung. Die EU erwägt riskante Preisdeckel; Deutschland ringt sich zu Atomkraft Light durch.
Einige positive Zeichen
Ungewohnt gute Nachrichten in der Energiekrise, wenn auch auf niedrigem Niveau: Die europäischen Gasspeicher sind fast vollständig gefüllt; vor den Küsten des Kontinents schwimmen LNG-Tanker, für welche es einfach keine Regasifizierungskapazitäten mehr gibt (sie werden damit zu schwimmenden Gasspeichern). Die Gaspreise liegen nur noch beim vier- bis siebenfachen des Vorkrisenniveaus statt beim dreiundzwanzigfachen wie Ende August. Der Oktober war äußerst mild, womit Haushalte viel Gas sparen konnten. Die Industrie spart ohnehin seit Monaten.
Die Frage bleibt die alte: Wie wird der Winter? Wird er außerordentlich kalt, wird die Energielage fragil, ansonsten gibt es wohl Grund zum Optimismus. Dazu kommt, dass Europa seine Gasspeicher im Anschluss für den Winter 2023/24 füllen muss, und zwar dann komplett ohne russisches Gas.
Wie Europa auf die Energiekrise reagiert
Die EU diskutierte im Oktober in erster Linie, ob es einen Gaspreisdeckel geben soll. Einige Mitgliedsstaaten sehen darin einen Ausweg aus astronomisch hohen Marktpreisen; andere (darunter Deutschland) befürchten, dass der Kontinent seine Preismacht gegenüber Asien künstlich abwürgt. Dann nutzen auch die schönsten LNG-Regasifizierungskapazitäten (wie sie Deutschland derzeit rasant anschafft) nichts mehr, wenn einfach nicht mehr genug Flüssigerdgas ankommt. Im November wird darüber weiterdiskutiert; ein Kompromiss ist wahrscheinlich.
Honorable mention: In Großbritannien sollte für einen Liz-Truss-Augenblick lang das Fracking zurückkommen.
Wie Deutschland reagiert
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach im Oktober ein Machtwort in der Atomfrage: Alle drei aktiven Kraftwerke werden bis Mitte April 2023 am Netz bleiben und Strom liefern. Eine Mehrheit der Bevölkerung stimmt zu (oder wünscht sich eine noch größere Rolle für die Atomkraft); der Rest Europas blickt ohnehin längst ungläubig auf die deutsche Energiedebatte. Die Grünen sind nicht glücklich, aber auch nicht desillusioniert; die FDP freut sich, aber bekommt nur ihre Minimalforderung. Die SPD ist auffällig unauffällig in der Atomfrage.
Kanzler-Machtwort: Die perfekte Inszenierung – T-Online
Derweil werkeln der Bund und seine Expertenkommissionen an der Ausgestaltung der angekündigten Gaspreisbremse. Ziel muss es sein, nicht zu viele Sparanreize zu vernichten. EU-Wettbewerbsregeln könnten dabei der Preisbremse für die Industrie einen Strich durch die Rechnung machen (oder… eben ausgerechnet den Strich durch die Rechnung verbieten?).
Honorable mention: Das Ölproduzentenkartell OPEC+ senkt seine Fördermengen, um den Ölpreis zu stützen. Das treibt die Energiekrise voran und missfällt vor allem Washington.
Update zur Energiekrise (Juli 2022)
Explainer zu LNG (März 2022)
Klima und Umwelt_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Ein Termin im November steht im Fokus.
Im Vorfeld der COP27-Klimakonferenz im November gab es eine Reihe von Reports und Ankündigungen. Die Weltwetterorganisation WMO warnt vor einem Rekordanstieg an Methan in der Atmosphäre; die UN sieht das 1,5-Grad-Ziel als im Grunde nicht mehr erreichbar (was weitestgehend schon bekannt war).
Indonesien möchte seine Emissionsziele verschärfen, die EU macht ebenfalls Schritte in diese Richtung. Südafrika bereitet einen Kohleausstieg vor.
7 leaders share what’s needed now for climate action ahead of COP27 – World Economic Forum
Climate change is real. Markets, not governments, provide the cure – Meinungsbeitrag eines konservativen Journalisten, welcher jahrelang die Existenz des Klimawandels bestritten hatte und nun seine Meinung ändert – New York Times
Die Aktienmärkte_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Ein wenig Erholung nach einem harten September, doch das Gesamtjahr bleibt bislang hart – insbesondere für Techwerte.
Index: 30-Tage-Entwicklung (seit Jahresbeginn)
Dax 40: +10,45% (-16,95%)
S&P 500: +8,80% (-18,67%)
Dow Jones: +14,40% (-10,18%)
Nasdaq: +5,24% (-30,03%)
Nikkei: +4,50% (-7,50%)
Bitcoin: +6,61% (-56,55%)
Explainer zur Wirtschaftskrise (Juni 2022)
Explainer zum Tech-Crash (Mai 2022)
Die Geldpolitik_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Die EZB hebt die Leitzinsen an, schließlich rennt ihr die Inflation davon.
Die EZB erhöht erneut die Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte auf ein bisheriges Rekordniveau in ihrer kurzen Geschichte. Kein Wunder, die Inflation in Europa liegt inzwischen bei 9,9%, in Deutschland gar 10,4%. Sie versucht dabei auch mit der US-Fed mitzuhalten, deren Zinsschritte den Euro gegenüber dem US-Dollar in Bedrängnis bringen. Aus ganz ähnlichen Gründen mussten die japanische und die britische Notenbank Notfall-Interventionen am Devisenmarkt starten, um ihre angeschlagenen Währungen zu stützen.
Honorable mention: Belarus schlägt dem globalen Ökonomentum ein Schnippchen und verbietet kurzerhand Preiserhöhungen. Einmal erneut hat Lukaschenko das System geschlagen.
Die Wirtschaft in Deutschland_
(1 Minuten Lesezeit)
Wirtschaftspolitik
(Mehr unter Rubrik “Energie” oben)
- Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben sich auf ein 49-Euro-Ticket für den bundesweiten ÖPNV geeinigt. Die Einführung könnte Anfang 2023 erfolgen.
- Das Finanzministerium möchte die Bürger entlasten und plant beispielsweise eine Anhebung des Grundbetrags bei der Einkommenssteuer.
- Der Bund wird den Kohleausstieg ungeachtet der Energiekrise von 2038 auf das Jahr 2030 vorziehen.
Hälfte der Deutschen will 49-Euro-Ticket nicht kaufen– Focus
Was erfuhren wir über die Wirtschaft in Deutschland?
Makro
- Die Verbraucherpreise sind im Oktober voraussichtlich 10,4% höher gewesen als im Vorjahresmonat – die höchste Inflationsrate seit 1951.
Unternehmen und Arbeitsmarkt
- Die Zahl der Insolvenzen hat im September um 34% auf 762 zugenommen, scheint sich also von niedrigem Niveau zu normalisieren.
- Der Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt weiter. Gerade bei Industrie und Baugewerbe trübt sich die Stimmung.
- Das Mittelstandsbarometer der KfW fällt deutlich, was auf Pessimismus in kleinen und mittleren Unternehmen hindeutet.
- Das Ifo-Beschäftigungsbarometer fällt leicht; Firmen scheinen vorsichtiger beim Einstellen vorzugehen.
Soziales und Infrastruktur
- Die Zahl der hohen Bildungsabschlüsse ist seit 2002 von 22% auf 36% gestiegen, so ein OECD-Bericht. Die Organisation lobt das starke Berufsbildungssystem, gute Lehrkräftebezahlung und einen erfolgreichen Kita-Ausbau.
- Die Immobilienpreise in Deutschland sinken in zwölf der 14 größten Städte, angetrieben von steigenden Bauzinsen.
Der Rest der Welt_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Die USA schütteln die Rezession-in-Anführungszeichen ab, China schwächelt, die EU erlässt Gesetze.
Die USA
- Die US-Wirtschaft wuchs im dritten Quartal kräftig um 2,6%. Zusammen mit einem starken Arbeitsmarkt bekräftigt das Vermutungen, dass die USA trotz zwei Negativquartalen nicht wirklich in einer Rezession gesteckt haben. Risikofaktoren sind eine schwächelnde Binnennachfrage, unerwartet resiliente Inflation (inzwischen mit 8,2% niedriger als vielerorts in Europa) und, für die Industrie, der starke US-Dollar.
- Die US-Regierung bringt eine große Reform für die Gig Economy auf den Weg, welche das Geschäftsmodell von Uber und Co. ernsthaft attackieren könnte.
Biden wants to let gig workers be employees. Here’s why it matters. – Washington Post
China
- Chinas Wirtschaft wuchs im dritten Quartal nur um relativ magere 3,9%. Damit dürfte Peking sein Ziel für das Gesamtjahr verpassen.
- Die Machtergreifung durch Präsident Xi sorgte für Nervosität an den Märkten: Der Yuan rutschte auf ein 14-Jahres-Tief, der Leitindex Hang Seng fiel so stark wie seit 2008 nicht mehr. Anleger befürchten weniger innen- und außenpolitische Berechenbarkeit sowie heftige Regulation.
- Chinas Wirtschaft wuchs im dritten Quartal nur um relativ magere 3,9%. Damit dürfte Peking sein Ziel für das Gesamtjahr verpassen.
- Die Machtergreifung durch Präsident Xi sorgte für Nervosität an den Märkten: Der Yuan rutschte auf ein 14-Jahres-Tief, der Leitindex Hang Seng fiel so stark wie seit 2008 nicht mehr. Anleger befürchten weniger innen- und außenpolitische Berechenbarkeit sowie heftige Regulation.
EU
- Der deutsche “Abwehrschirm”, ein 200 Milliarden EUR großes Entlastungspaket, kommt im Rest Europas nicht gut an. Andere Länder befürchten Verzerrungen im Außenhandel und unfaire Wettbewerbsvorteile für deutsche Firmen. Oder, in Polens Worten, ein “deutsches Diktat”.
Germany under fire for ‘cannibalistic’ €200 billi
- Die EU erlaubt ab 2035 nur noch den Verkauf emissionsfreier Neuwagen.
- Die EU forciert von zahlreichen Technikherstellern, ihre Geräte per USB-C-Kabel ladbar zu machen. Das nervt niemanden so sehr wie Apple, welches sich dem Urteil allerdings beugen wird. Übrigens auch im Rest der Welt – der Brüssel-Effekt schlägt einmal erneut zu.
Apple Says iPhones Will Finally Get USB-C Ports – Wired
Business: Wo es gut lief_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Überall nur Krise? Mitnichten, hier eine kleine Auswahl von Erfolgsstorys.
Netflix überzeugte mit kräftigem Nutzerwachstum und bot damit zum ersten Mal in einem halben Jahr wieder positive Nachrichten. Weitere gute Quartalszahlen gab es seitens des niederländischen Chipzulieferers ASML, der US-Großbank Bank of America, des Getränkeriesen Coca-Cola, dem Autobauer Mercedes und der Deutschen Bank. Bei sämtlichen Ölkonzernen liefen die Geschäfte hervorragend.
Die Lufthansa rechnet mit einem Milliardengewinn im laufenden Jahr und verdoppelt damit ihre Prognose aus August. Weltraumfirma SpaceX führte ihre fünfte bemannte Mission für die NASA durch; brachte erneut Astronauten zur Internationalen Raumstation.
Wo es nicht gut lief_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Viele durchmischte Quartalsergebnisse, doch niemand stürzte so lautstark ab wie Techkonzerne – allen voran Meta.
Enttäuschende Quartalszahlen gab es seitens Autobauer Tesla, Flugzeughersteller Boeing, Chemiekonzern BASF, den Großbank Goldman Sachs und UBS, Softwarekonzern SAP, Streamingdienst Spotify, Sportartikelhersteller Adidas und den Techfirmen Amazon, Apple, Microsoft, Alphabet und Snap. Meta (Facebook) enttäuschte dermaßen, dass die Aktie erstmals seit 2016 unter die 100-USD-Marke fiel, von einem Allzeithoch von 320 USD vor einem Jahr. Mit 266 Milliarden USD Marktwert ist Meta weniger wert als die amerikanische Baumarktkette Home Depot.
Die Schweizer Großbank Credit Suisse liefert gewohnt schlechte Zahlen, doch versucht immerhin, mit einem Sanierungsplan dagegenzusteuern. Beobachter halten ihn für angemessen radikal.
Credit Suisse: Warum sich Ulrich Körner keinen Fehler erlauben darf – Manager Magazin
Die deutsche Warenhauskette Galeria kämpft erneut ums Überleben. Der frühere CEO des Elektrotruck-Startups Nikola wurde des Betrugs für schuldig befunden, denn er hatte den technologischen Stand der Firma vor Anlegern übertrieben. Eurowings muss seine Prognose kassieren, da Streiks der Airline zusetzen.
Nikola Founder Trevor Milton Guilty of Defrauding Investors– Bloomberg
Neue Strategien und Akquisen_
(30 Sekunden Lesezeit)
Strategiewechsel und Kooperationen
- Apple verlagert immer mehr Produktion aus China nach Indien und Vietnam. Der Techkonzern möchte sich bei seiner komplexen Lieferkette offenbar nicht mehr zu abhängig machen.
- Der Spezialchemiekonzern Linde verlässt die Frankfurter Börse und wird nur noch in New York gelistet sein. Das ist für den Börsenstandort Deutschland ein herber Rückschlag: Linde ist mit knapp 150 Milliarden USD Marktwert eines der wertvollsten – zeitweise das wertvollste – Unternehmen des Landes.
- Viel los in der Autobranche: VW investiert 2,4 Milliarden USD in ein chinesisches Joint Venture rund um Künstliche Intelligenz, zieht aber zeitgleich seiner Tochter fürs autonome Fahren, Argo AI, den Stecker. BMW investiert 1,7 Milliarden USD in sein größtes US-Werk, um es für die Elektromobilität umzurüsten. Mercedes will schon in den “nächsten Jahren” global unabhängig von fossilen Energien operieren. Amazon investiert rund 1 Milliarde USD, um seine europäische Lieferwagenflotte zu elektrifizieren.
Börsengänge und Transaktionen
- Elon Musk hat final Twitter gekauft. Zuletzt hatte sich bereits abgezeichnet, dass der US-Unternehmer dem 44-Milliarden-USD-Deal nicht entrinnen können wird. Seine Rhetorik ist moderater als noch in den vergangenen Monaten: Werbetreibende sind offenbar doch gern gesehen und ein kompletter Meinungslibertarismus soll auf der Plattform nicht herrschen. Selbst diese moderatere Vision könnte einen Gegner in der EU finden; sie bringt sich regulatorisch in Stellung.
Europe schools Elon Musk that Twitter’s wings are already clipped – Techcrunch
Startups_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Zahlreiche Fintechs in Schwierigkeiten, Lichtblicke für Neobroker auf beiden Seiten des Atlantiks.
Deutsche Fintechs konnten im dritten Quartal mit 3,2 Milliarden EUR Wagniskapital ein recht solides Funding an den Tag legen, die Zahl der Finanzierungsrunden stieg gar leicht.
Größere Finanzierungsrunden gab es zum Beispiel für den Münchner Ferienhaus-Vermittler Holidu (100 Millionen EUR) und Gourmey, eine In-Vitro-Variante für gestopfte Gänseleber (!) aus, selbstverständlich, Frankreich (48 Millionen EUR).
Weniger gut lief es bei der Berliner Immobilienplattform McMakler, welche eine zweite Entlassungsrunde beginnt; beim amerikanischen E-Scooter-Anbieter Bird, welcher mehrere Standorte, darunter Deutschland, komplett aufgibt; und bei der Berliner Krypto-Plattform Nuri, welche mangels Käufer vollständig abgewickelt wird.
Die wohl größte Meldung war, dass Quick-Commerce-Urgestein Gorillas (hierzulande inzwischen von Flink abgehängt) vom türkischen Rivalen Getir gekauft werden könnte. Das wäre die lang erwartete Konsolidierung in der verlust- und kapitalintensiven Branche.
Bewertungen für Getir und Gorillas massiv eingebrochen– Golem