(insgesamt 15 Minuten Lesezeit)
Der Blitzüberblick_
Die wichtigsten Themen:
- Eine Bankenkrise erwischt die USA und die Schweiz; die Lage scheint unter Kontrolle.
- Heftige Proteste aufgrund kontroverser Reformen unter anderem in Frankreich, Israel, Georgien.
- Koalitionsstreit und wirtschaftspolitische Weichenstellungen in Deutschland.
- Ein wichtiger Ozeanpakt auf UN-Ebene ist beschlossen.
- Inflation und Energiekrise bleiben akut, doch weichen ein wenig aus dem medialen Diskurs.
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine_
(1 Minute Lesezeit)
Turbovariante: Moskaus Winteroffensive flaut ab; beide Seiten manövrieren diplomatisch.
- Chinas Präsident Xi besuchte Putin und sprach ihm – wie immer etwas mehrdeutig – die Unterstützung aus.
- Die Ukraine erhält erstmals deutsche Kampfpanzer und polnische Kampfjets. Die EU kündigt hohe Munitionslieferungen an; der IWF verspricht Finanzhilfen.
- Ein Vorfall um eine gerammte US-Drohne über dem Schwarzen Meer führt zu Gesprächen zwischen Moskau und Washington.
- Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat einen Haftbefehl gegen Putin ausgesprochen.
- In Russland führt der schleppende Kriegsverlauf zu Diskussionen und kleineren innerelitären Machtkämpfen; derweil beginnt die routinemäßige Frühjahr-Einziehung der Wehrpflichtigen.
Und was passiert militärisch?
- Russlands Winteroffensive beginnt abzuflachen; selbst eine Eroberung des seit Monaten belagerten Bakhmuts wird zunehmend unklar. Truppenverlagerungen deuten darauf an, dass Russland eine defensivere Position einnimmt.
- Die Aufmerksamkeit verschiebt sich zu einer ukrainischen Gegenoffensive, welche allerdings noch Wochen entfernt sein könnte.
Honorable mention: In der Explosion der Nord-Stream-Pipelines gibt es einen Verdacht gegen eine unbekannte proukrainische Gruppe.
As spring arrives in Ukraine an offensive against Crimea could be on the cards – The Conversation
Ukrainian Soldiers, Nearly Encircled, Push Russians Back – New York Times
Was passiert im politischen Deutschland?_
(1 Minute Lesezeit)
Turbovariante: Streit in der Koalition; Wahlrechtsreform; personelle Änderungen in der Bundeswehr.
Die Ampelkoalition streitet sich, was sich im März vor allem im Koalitionsausschuss zeigte. Teilweise bricht der Streit in die Öffentlichkeit, so etwa als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Interviews über seine Koalitionspartner ätzte. Es geht um verschiedene Themen aus der Klima-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, doch auch allgemeiner um das Verhältnis zueinander. Die Grünen und FDP arbeiten sich aneinander ab, doch auch über die SPD sind die Grünen inzwischen verärgert – für sie fühlt es sich mitunter so an, als wären sie das dritte Rad einer sozialliberalen Koalition.
Einigkeit herrschte dagegen bei einer Wahlrechtsreform, welche den Bundestag auf eine neue Regelgröße von 630 Abgeordneten herunterschrumpfen soll. CDU, CSU und Linke sind wütend, denn ihnen drohen Verluste, bis hin zum Risiko eines Parlamentsrauswurfs.
Verteidigungsminister Boris Pistorius(SPD) passt die Bundeswehr personell an: Er ersetzt den Generalinspekteur – die höchste fachliche Rolle in der Truppe – und die Chefin des Beschaffungsamts. Passend dazu hat der neue Wehrbericht der Bundesregierung ein vernichtendes Urteil über den Zustand der Bundeswehr gefällt.
Wehrbericht: Zehn Jahre Vorlauf für neue Fliegerhelme – Süddeutsche Zeitung
In Berlin zeichnet sich eine unerwartete Schwarz-Rote Koalition unter Führung der CDU, der großen Wahlsiegerin, ab. Damit würde Noch-Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) ein Ende der umstrittenen Linkskoalition forcieren, entgegen dem Wunsch ihrer Parteibasis.
Die Linke beschäftigt sich weiter mit ihrem Lieblingsthema: sich selbst. Ex-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht bricht mit ihrer Partei und turtelt mit einer Neugründung; die Linkenführung verlangt von ihr klare Ansagen.
Wie der Streit zwischen SPD und Grünen die Ampel belastet – Spiegel (€)
(Mehr in der Rubrik “Wirtschaft in Deutschland”)
Die Welt an den Urnen_
(1 Minute Lesezeit)
Türkei
Die Wahl in der Türkei findet Mitte Mai statt, doch im März wurden wichtige Weichen gelegt. Die Opposition einigte sich auf Kemal Kilicdaroglu als Kompromisskandidaten, ein erfahrener Politiker mit fraglichem Charisma. Dem Oppositionsbündnis kommt entgegen, dass die prokurdische HDP keinen eigenen Kandidaten aufstellen wird.
Turkey’s next election could be the country’s last real democratic vote – The Intercept
Estland
Premierministerin Kaja Kallas hat die Wahl gewonnen. Das stärkt ihre proeuropäische, proukrainische Linie – insofern die geplante zentristische Koalition zusammenbekommt.
Estonia’s Reform Party starts coalition government talks – AP
Niederlande
In den Niederlanden rüttelt eine neue populistische “Bauernpartei” die Politik auf. Aus dem Stand heraus hat die BBB zahlreiche Provinzen gewonnen und kann nun die nationale Politik von Premier Mark Rutte mit beeinflussen.
‘Indescribable’: New farmer’s party BBB takes major win in Dutch elections – Brussels Times
Nigeria
Die Regierungspartei hat sich durchgesetzt: Bola Tinubu, der “Pate” der nigerianischen Politik, wird Präsident im bevölkerungsreichsten Staat Afrikas. Die Opposition beklagt Manipulation. Auffällig war auch das starke Ergebnis des Reformers Peter Obi, welches das Quasi-Zweiparteiensystem im Land aufrüttelte.
Peter Obi and a Dream Deferred – Council on Foreign Relations
Innenpolitik in aller Welt_
(1 Minuten Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Trump angeklagt; Frankreich, Israel und Georgien auf den Barrikaden.
USA
Donald Trump wurde Ende März als erster (Ex-)US-Präsident in der Geschichte der USA angeklagt und steht vor einer vorläufigen Verhaftung. Der Fall um die unrechtmäßige Deklaration von Geldern wird die USA politisch in den kommenden Wochen und dann wohl wieder im Zuge der Präsidentschaftswahl 2024 beschäftigen.
What We Know About the Indictment of Donald Trump, and What Comes Next – New York Times
Frankreich
Präsident Emmanuel Macron hat eine umstrittene Rentenreform im Grunde per Dekret forciert, am Parlament vorbei. Das fachte die wochenlangen Proteste gegen die Reform nur noch weiter an. Zeitgleich legen Streiks Teile des öffentlichen Lebens lahm.
Explainer: Proteste in Frankreich, Israel und… Iran? – whathappened, März 2023 (Explainer zur Rentenreform)
Israel
In Israel treibt eine kontroverse Justizreform seit Monaten die Menschen auf die Straße. Der Streit erreichte auch das Kabinett von Premier Benjamin Netanjahu, als sich der Verteidigungsminister offen gegen die Reform aussprach. Der Widerstand bewegte Netanjahu Ende März dazu, die Reform zu pausieren – doch nicht abzuservieren.
Explainer: Proteste in Frankreich, Israel und… Iran? – whathappened, März 2023 (Explainer zur Justizreform)
Georgien
Die georgische Regierungspartei wollte ein von Russland inspiriertes “Agentengesetz” einführen, welches NGOs und Medien mit Verbindungen ins Ausland als ausländische Agenten klassifizieren würde. Massenproteste in der mehrheitlich prowestlichen Bevölkerung zwangen die Regierung einzulenken, das Gesetz zu kassieren und Protestler freizulassen.
Georgia’s fight for its future: Understanding recent protests in Tbilisi and the rift between the government and the wider population – European Council on Foreign Relations
Russia casts Georgia protests as coup attempt, accuses West of fomenting unrest – France24
Das Wichtigste aus der Außenpolitik_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: China vermittelt im Nahen Osten; der Indopazifik bleibt ein Schachbrett; die NATO wird größer.
Saudi-Arabien Iran
Saudi-Arabien und Iran, die zwei größten Rivalen im Nahen Osten, versuchen eine diplomatische Annäherung. Die überraschende Détente wurde (zumindest teilweise) durch China vermittelt, was auf die wachsende Rolle Pekings in der Region hindeutet. Ein weiteres Indiz: Saudi-Arabien will Teil der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) werden.
Explainer: Saudi-Arabien, Iran und der Deal – whathappened, März 2023
Manöver im Indopazifik
Die USA führten im März Militärübungen mit Südkorea und den Philippinen durch; zurrten mit Australien und Großbritannien einen Deal rund um atombetriebene U-Boote im Rahmen des neuen Bündnisses AUKUS fest; und deuteten eine Charmeoffensive bei den Pazifikinselstaaten an. Japan kündigte bei einem Treffen mit Indien eine neue regionale Kooperationsinitiative an und erhielt eigens Besuch aus Deutschland, von welchem es als “Wertepartner” gelobt wurde. Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen besuchte die USA. All diesen Vorgängen gemein ist, dass sie teilweise oder in erster Linie auf eine Eindämmung des chinesischen Einflusses in der Region abzielen – längst Priorität für viele Staaten im Indopazifik.
Deutschland und Japan: Zwei “Wertepartner” rücken näher zusammen – Tagesschau
The transformation of the US-Philippines alliance – CSIS
Die NATO wird größer
Finnlands Beitritt in die NATO ist beschlossene Sache: Die Türkei gab Helsinki grünes Licht. Weiter bangen muss Schweden, welches womöglich ein Opfer türkischer Innenpolitik geworden ist und die Wahlen im Mai abwartet.
Implications of a Finnish and Swedish NATO Membership for Security in the Baltic Sea Region – Wilson Center
Viele schnelle Good News_
(1,5 Minuten Lesezeit)
Politik
- Japan und Südkorea haben ihren Streit um Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg beigelegt – eine wichtige Einigung, welche zwei intuitiven Partner aneinander rücken lässt.
- Der Kosovo und Serbien kündigten einmal erneut an, ihre Beziehungen verbessern zu wollen. Die Lebensdauer der Einigung mag fraglich sein, doch die Richtung stimmt.
- Ruanda lässt einen prominenten Oppositionellen, Paul Rusesabagina (bekannt aus dem Film “Hotel Ruanda”) frei, zuvor hatten die USA und Katar vermittelt.
- Kolumbien und Ecuador wollen gemeinsam indigene Gruppen im Grenzgebiet schützen. Dafür richten sie ein Frühwarnsystem gegen Bandenangriffe ein.
Wirtschaft
- Die neue EU-Finanzbetrugbehörde EPPO hat seit Juni 2021 über 1.100 Fälle mit einer Gesamtschadenssumme von 14,1 Milliarden EUR eröffnet.
- Brasilien startet große Offensiven gegen illegale Goldgräber im Amazonas-Regenwald. Damit nimmt die deutlich schärfere Umweltpolitik der Lula-Regierung weiter Form an.
- Russland akzeptiert Verlängerung des Getreideabkommens für weitere sechs Monate. Das reduziert globale Nahrungsmittelrisiken und ist eine wichtige Umsatzquelle für die Ukraine. Passend dazu haben die ukrainischen Sonnenblumenölexporte wieder das Vorkriegsniveau erreicht.
Gesellschaft
- Honduras legalisiert die Pille danach. Es handelt sich um ein Stückchen Liberalisierung nach 13 Jahren Verbot im streng katholischen Land.
- Die Auswirkungen von Covid-19 auf die mentale Gesundheit sind womöglich weitaus niedriger als befürchtet, so eine kanadische Studie, welche frühere Studien zurückweist.
Forschung und Innovation
- Forscher stellten eine Methode vor, um CO₂ besonders effizient aus der Atmosphäre einzufangen und im Boden einzulagern. Ein Team in Kanada fand derweil eine Methode, “Ewigchemikalien” einfacher abzubauen. Japanische Forscher konnten Eizellen aus männlichen Zellen herstellen und so Mäuse mit zwei biologischen Vätern schaffen. US-Forscher berichten von einem Durchbruch bei der Suche nach Materialien, die bei Raumtemperatur supraleitend seien, was Effizienzsprünge bei Chips, Stromnetzen und mehr bedeuten würde.
- Weltraum: Astronomen haben eine mögliche große Wasserquelle auf dem Mond entdeckt, welche zukünftigen Mondbasen zugutekäme, sowie eines der ultramassereichsten bekannten Schwarzen Löcher im Universum.
- Archäologen haben im März eine neue Kammer in der ägyptischen Cheops-Pyramide sowie die älteste bekannte Erwähnung des Gottes Odin in Dänemark entdeckt. Paläontologen fanden Hinweise auf einen Dinosaurier mit 15 Meter langem Hals – Weltrekord.
Wirtschaft: Die (kleine) Bankenkrise_
(2 Minuten Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Regionalbanken in den USA wackeln; die Credit Suisse in der Schweiz wird not-geschluckt. Eine große Krise scheint verhindert worden zu sein.
SVB und Co.
Da kündigt eines Donnerstags eine mittelgroße Bank eine Kapitalerhöhung an und schon ist eine Woche später plötzlich das Finanzsystem am Wackeln und die Schweiz um eine Großbank leichter. Die Silicon Valley Bank (SVB) hatte mit Gelderabzug zu kämpfen und musste deswegen verlustreiche Anleihen verkaufen, also aus unrealisierten Verlusten realisierte Verluste machen. Um das so entstandene Loch in der Bilanz zu stopfen, brauchte es neues Kapital. Die Kapitalerhöhung verunsicherte Anleger und Einleger, welche noch mehr Geld abzogen – ein Teufelskreis.
Explainer: Ein Hauch von Finanzkrise – whathappened, März 2023
Die Behörden griffen ein und nahmen die SVB gewissermaßen unter Quarantäne. Beobachter – sprich, Anleger, Einleger, Medien, Regulatoren und andere Banken gleichermaßen – fragten sich, ob die Bankenpanik auf andere Institute ausschlagen könnte. Gerade regionale Banken schienen gefährdet. US-Regulatoren starteten Liquiditätsmaßnahmen für das Finanzsystem und ergriffen ungewöhnliche Schutzmaßnahmen für betroffene Einleger der SVB, um Banken zu stärken und die Öffentlichkeit zu beruhigen. Großbanken halfen ihrerseits mit, kleinere Banken zu stabilisieren. Die gute Nachricht: Das gelang weitestgehend. Die SVB zog bislang kein anderes Institut in den Abgrund. Bis Ende März war sogar ein Käufer für sie gefunden. Der Fall ist keine Finanzkrise 2008/9, doch hat trotzdem systemische Lektionen parat: Unrealisierte Verluste durch Anleihen, deren Preise gefallen sind, können ein unerwartet hohes “Schattenrisiko” für das Finanzsystem darstellen.
The Banking Crisis: A Timeline of Silicon Valley Bank’s Collapse and Other Key Events – Wall Street Journal
Credit Suisse
Alles gut? Nicht überall. In der Schweiz war die SVB-Krise der letzte, gar nicht so wirklich zusammenhängende Dominostein, welchen es brauchte, um die Credit Suisse umzukippen. Die kriselnde Großbank war mit Jahren an Dauerkrisen längst zum running gag der Finanzbranche geworden, zum ungewollten Serienwitz. Eine unangenehme Nachricht über Probleme beim jüngsten Finanzbericht, gepaart mit etwas genereller Nervosität aufgrund der Lage in den USA, war der letzte Tropfen. Die Schweizer Regulatoren machten erst Hilfsmaßnahmen bereit, doch bewegten dann die zweite Großbank UBS zur Übernahme der kleineren Rivalin. Diese bemerkenswerteste Bankenfusion der Welt seit zumindest 2008/9 dürfte die Krisengefahr in der Schweiz bannen, auch wenn die Meinungen auseinander gehen, ob es für den Standort langfristig gesünder ist, nur eine einzige gigantische Großbank zu besitzen. Für die UBS war es in jedem Fall ein Schnäppchen; für die Überreste der Credit Suisse ein Ausweg aus der Dauerkrise. Für schätzungsweise einige Tausend Mitarbeiter der Fusionsbank bedeutet es, sich nach neuen Jobs umsehen zu müssen.
Explainer: are we in a banking crisis? – The Guardian
Honorable mentions: Die Deutsche Bank schien kurzzeitig in den Strudel hineinzugeraten, da ihr Aktienpreis einbrach, doch Beobachter verwiesen schnell auf die strukturelle Stabilität der Bank. Womöglich war es weniger legitime Sorge unter Anlegern als eine Shortselling-Attacke.
Megathema Inflation_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Die Inflationsraten gehen weiter zurück, die Leitzinsen hoch.
Inflationsraten
Die Inflation sank im März und Februar (je nach Datenlage) teils sehr kräftig. In den USA sank sie auf 6,0 Prozent (Februar), nach 6,4% im Vormonat. Es handelt sich um den niedrigsten Wert seit September 2021. In Deutschland sank sie auf 7,4 Prozent, nach 8,7 Prozent im Vormonat. Der geringste Wert seit August 2022 hängt nicht zuletzt mit Basiseffekten zusammen: Da die Preise im März 2022 kräftig gestiegen waren, ist die Teuerung prozentual nicht mehr so hoch. In Großbritannien stieg die Inflation zum ersten Mal seit vier Monaten, von 10,1 auf 10,4 Prozent. Argentinien riss derweil zum ersten Mal seit einer schweren Hyperinflation in den frühen 1990ern die 100-Prozent-Marke.
Hyperinflation in Argentina is ready to bloom – Financial Times
Geldpolitik
Notenbanken in den Industriestaaten verschärften weiterhin ihre Geldpolitik. Die EZB setzte auf eine inzwischen “klassische” Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte; die US-Notenbank Fed – womöglich unter dem Eindruck der Bankenkrise in den USA – auf eine leichtere 0,25-Prozentpunkt-Erhöhung.
Klima und Umwelt_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Ein historischer Ozeanpakt auf UN-Ebene; warnende Worte des IPCC – mit etwas Optimismus.
UN-Staaten haben im März ein historisches Hochsee-Abkommen erreicht, welches die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, 30 Prozent aller Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen – derzeit sind es 1,2 Prozent. Umweltgruppen und Wissenschaftler feiern es als Erfolg, auch wenn es darum geht, aus der politische Einigung echte Tatsachen zu schaffen.
UN high seas treaty is a landmark – but science needs to fill the gaps – Nature
Der Weltklimarat (IPCC) hat seinen sogenannten Synthesebericht vorgelegt, in welchem er vor den Folgen des Klimawandels warnte, doch zugleich einen optimistischen Ton einschlug. Es gäbe viel zu gewinnen, wenn die richtigen Entscheidungen getroffen würden. Technologische Fortschritte und Konsumentscheidungen könnten signifikante Erfolge in der Klimapolitik herbeiführen.
The IPCC just published its summary of 5 years of reports – here’s what you need to know – Climate Champions
Honorable mention: Die Berliner lehnten ein Klimaschutzgesetz ab, welches die Stadt zur Klimaneutralität bis 2030 (statt 2045) verpflichtet hätte – genaugenommen gab es eine minimale Mehrheit, doch bei nur sehr geringer Wahlbeteiligung. Einige Kommentatoren sprachen von einer Schlappe für “Klimapolitik mit der Brechstange“, andere sahen eine vertane Chance.
Die Aktienmärkte_
Turbo-Zusammenfassung: Grüne Zahlen, ungeachtet zeitweiser Sorgen ums Finanzsystem – die Hoffnung auf eine weiche Landung in der Inflations- und Energiekrise dominiert.
Index: 30-Tage-Entwicklung (Entwicklung seit Jahresbeginn)
Dax 40: +1,97% (+11,09%)
S&P 500: +3,21% (+7,46%)
Dow Jones: +0,82% (+0,42%)
Nasdaq: +9,44% (+21,35%)
Nikkei: +1,97% (+9,04%)
Bitcoin: +20,76% (+71,86%)
Explainer: Ein Hauch von Finanzkrise – whathappened, März 2023
Die Wirtschaft in Deutschland_
(1 Minute Lesezeit)
Wirtschaftspolitik
- Die Koalition flexibilisiert das Klimaschutzgesetz, vereinfacht Genehmigungsprozesse für die Schiene, bestimmte Straßenprojekte, ÖPNV, Radwege, Ladesäulen, erneuerbare Energien und Glasfaser- und Mobilfunknetze. (Übersicht)
- Ein Verbot für Öl- und Gasheizungen ist präsent in den Schlagzeilen und führt zu Koalitionsstreit; wie das genaue Gesetz aussehen wird, ist noch unklar.
- Die Einwanderungsregeln werden vereinfacht, um mehr Fachkräfte anzulocken. Ein Punktesystem soll flexiblere Arbeitsmarkteinwanderung erlauben.
Honorable mention: Deine Krypto-Geschäfte laufen prächtig? Na dann, schmeiß schon mal das Faxgerät an und kontaktier dein Finanzamt: Kryptowährungen sind steuerpflichtig, entschied der Bundesfinanzhof.
Was erfuhren wir über die Wirtschaft in Deutschland?
Makro
- Die Inflation lag im Februar bei 8,7% und fiel im März auf 7,4%.
- Die Staatsverschuldung stieg Ende 2022 auf einen neuen Höchstwert von 2,37 Billionen EUR (+2,0%).
- Die Konjunkturprognose im ZEW-Barometer ist zum ersten Mal seit sechs Monaten gesunken. Andersherum stieg die Stimmung im Ifo-Index zum fünften Mal in Folge.
Unternehmen und Arbeitsmarkt
- Laut einer Bertelsmann-Studie hat Deutschland an Attraktivität bei Fachkräften in OECD-Ländern eingebüßt; in einem neuen Startup-Gründer-Attraktivitätsindex landet Deutschland im Mittelfeld.
- Die Zahl der Firmenpleiten ist 2022 erstmals seit 2009 wieder gestiegen (+4,3%, auf 14.590), was eher einer Normalisierung als einer Krise gleichkommt.
Klima und Innovation
- Ein Beratungsgremium kritisiert die Klimapolitik der Bundesregierung und warnt vor Glaubwürdigkeitsverlusten.
- Deutsche Patentanmeldungen sind 2022 zurückgegangen: Beim heimischen Patentamt DPMA sanken die Anmeldungen um 6,6%; beim europäischen Patentamt EPA fielen sie um 4,7% auf ein Jahrzehnttief.
Business: Wo es nicht gut lief_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Überlebenskämpfe und Entlassungen im März.
Gleich vorab:
Die Bankenkrise erwähnen wir in einem dedizierten Kapitel unter “Wirtschaft” weiter oben. Denn, wie könnte es anders sein, bei kaum jemandem lief es im März so schlecht wie bei der Credit Suisse. Und vielleicht der Silicon Valley Bank.
Die Überlebenskämpfe
TikTok steuert auf ein Komplettverbot in den USA zu und eine Kongressanhörung von CEO Shou Zi Chew schien die Bedenken der Abgeordneten nicht zerstreut zu haben. Es hilft wohl nicht, dass Justizministerium und FBI gegen Eigentümer ByteDance wegen mutmaßlichen Datenmissbrauchs ermitteln. Weltraumfirma Virgin Orbit geht das Geld aus, weswegen es den Betrieb herunterfährt und fast alle Mitarbeiter entlässt. Ein Shortseller wirft Zahlungsfirma Block (früher Square) Betrug vor. Die deutsche Schuhkette Reno ist insolvent, genau wie Modekette Peek & Cloppenburg; Autozulieferer Leoni wird noch rechtzeitig gerettet, wenn auch auf für Anleger schmerzhafte Art und Weise. Galeria Kaufhof saniert sich, indem die Warenhauskette 40% ihrer Standorte schließt und Tausende Mitarbeiter entlässt.
Why Countries Are Trying to Ban TikTok – New York Times
Kündigungen
Amazon streicht 9.000 Stellen (0,6% der Belegschaft), auffälligerweise auch in der Wachstumssparte AWS. Meta lässt 10.000 Mitarbeiter gehen (12%). Beratungsgigant Accenture entlässt 19.000 Mitarbeiter (2,6%) und Strategieberatung McKinsey beginnt Insidern zufolge die angekündigte Entlassungswelle, welche 2.000 Mitarbeiter betreffen dürfte. Axel Springer kündigt Stellenstreichungen an und fängt in der Chefabteilung der Bild-Zeitung an, wo sämtliche drei Chefredakteure gehen mussten.
Wo es gut lief_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Überall nur Krise? Mitnichten, hier eine kleine Auswahl von Erfolgsstorys.
- Rekordzahlen gab es beispielsweise bei den Energiekonzernen Saudi Aramco und RWE, beim Haushaltsgerätehersteller Miele und beim Autobauer BMW.
- Rüstungsfirma Rheinmetall ist in den DAX40 aufgestiegen und wird von Anlegern dort bislang sehr positiv aufgenommen.
- Die deutsche Fahrradbranche erreichte 2022 einen Umsatzrekord – vor allem dank der margenstarken E-Räder.
- E-Autobauer Tesla schaffte im Werk in Grünheide, Brandenburg, die erste Stufe seines wöchentlichen Produktionsziels.
- Die deutsche Beraterbranche blickt optimistisch auf 2023, nachdem sie bereits ein starkes 2022 erzielt hatte. Neues Thema im Gewinnermix, neben Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Sanierung und Umstrukturierung.
- Weltraumstartup Relativity Space gelang ein erster erfolgreicher Start seiner fast gänzlich 3D-gedruckten Rakete.
- Apples “Pivot nach Indien” – der Versuch, Produktionskapazitäten aus China nach Indien abzuziehen, um sich besser vor politischen und Lieferketten-Risken zu schützen – geht laut Zulieferern schneller als erwartet voran.
Die Chatbots und die KI_
(30 Sekunden Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Neue und alte Chatbots, viel Diskurs rund um Künstliche Intelligenz.
Chatbots dominierten den Februar, doch blieben auch im März ein Thema. OpenAI brachte mit GPT-4 eine neue Algorithmusversion für ChatGPT heraus, welche somit auch Microsofts Bing zugutekommen wird; Google ließ Bard schon mal teilweise auf die Welt los. Chinas Baidu stellte den Chatbot “Ernie” vor. SAP offenbarte ein Interesse an der deutschen KI-Schmiede Aleph Alpha, welche ihrerseits an Generative AIs im Stile der Chatbots arbeitet.
Die Welt fragt sich derweil noch, was sie mit den Neuheiten anzufangen hat. Die Hälfte aller US-Firmen bereitet interne Richtlinien für den Umgang mit ChatGPT vor, so eine Umfrage. Ein offener Brief, unterzeichnet von vielen KI-Experten, fordert eine Pause in der KI-Entwicklung, um die Sicherheit der Technologien zu diskutieren. Italien verbietet ChatGPT kurzerhand, da es Datenschutzimplikationen prüfen will.
What’s the Future for A.I.? – New York Times
Abstracts written by ChatGPT fool scientists – Nature
Explainer: Die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz – whathappened (März 2023)
Startups_
(1 Minute Lesezeit)
Turbo-Zusammenfassung: Einige beachtliche Erfolge im März, darunter Geld für Münchner Raketen und Profitabilität für eine britische Neobank.
Endlich wieder ein Monat mit vielen Startup-Erfolgen. Da wäre eine riesige 155-Millionen-EUR-Finanzierungsrunde für das Münchner Weltraumstartup Isar Aerospace, welches damit zum bestfinanzierten europäischen Startup seiner Branche geworden ist; oder die 60-Millionen-EUR-Kapitalspritze für das Berliner Fintech Raisin, womit dieses wieder Unicorn-Status erlangt, also mehr als eine Milliarde USD wert ist. Für den Berliner Gesundheitsbereich-Jobvermittler Medwing gab es 44 Millionen EUR für eine Europa-Expansion. Im Ausland war eine 270-Millionen-USD-Finanzierung für das südostasiatische Fintech Kredivo bemerkenswert.
Abseits reiner Finanzierungen überzeugte die Londoner Neobank Revolut mit dem ersten Jahresprofit ihrer Geschichte bei zugleich kräftig gestiegenem Umsatz; und das gebeutelte schwedische Fintech Klarna, welches 2022 mit 85% Wertverlust eine der größten Downrounds – also eine sinkende Firmenbewertung – der Geschichte hingelegt hatte, konnte seinen Jahresverlust 2022 deutlich zusammenschrumpfen. Für das Münchner “Mahlzeitgetränke”-Startup Yfood ein womöglich zweischneidiger Erfolg: Lebensmittelkonzern Nestlé stieg ein, was zwar Expertise und Kapital bedeutet, doch auch Reputationsschäden.
Allerdings gab es natürlich nicht nur gute Nachrichten. Am auffälligsten war Zahlungsanbieter Stripe. Dessen Bewertung stürzte in einer neuen Finanzierungsrunde von 95 Milliarden USD auf 50 Milliarden USD ab. Damit bleibt es zwar eines der wertvollsten Startups der Welt, doch eben auf deutlich bescheidenere Weise. Die beachtliche Downround schlägt in absoluten Zahlen sogar Klarnas Kollaps von 45,6 auf 6,5 Milliarden USD, auch wenn sie anteilig mit 47% Wertverlust hinter den 85% der Schweden zurückbleibt.