… und: Wie Schulden funktionieren.
09.03.2025
Schuldenwende | Wie funktionieren Schulden? | Was bevorsteht
(20 Minuten Lesezeit)
Blitzzusammenfassung_(in 30 Sekunden)
- Die möglichen Koalitionäre von Union und SPD planen eine historische, in ihrer Dimension beachtliche Wende in der deutschen Fiskal- und Schuldenpolitik.
- Ein neues Sondervermögen soll einen 500-Milliarden-Fonds für Infrastruktur schaffen; die Lockerung der Schuldenbremse soll in der Verteidigung womöglich weitere 400 Milliarden EUR freimachen.
- Das entspräche knapp 20% des deutschen BIP und wäre mehr als der gesamte Covid-Wiederaufbaufonds der EU in Höhe von 750 Milliarden EUR.
- Die Pläne sind umstritten. Zum einen, weil sie dazu einladen, Haushaltsdisziplin schleifen zu lassen und nicht jeder Beobachter der Regierung zutraut, Investitionen intelligent oder überhaupt zu tätigen.
- Zum anderen, weil Schulden Risiken mit sich führen: Steigende Zinskosten bedeuten (zukünftige) Verteilungskonflikte; Inflation und “crowding out” könnten angeheizt werden und im äußersten Fall steigt die Gefahr von Schuldenkrisen.
- Andersherum versprechen die Schuldenpläne jedoch einen Konjunkturschub und, im besten Fall, sinnvolle Langfristinvestitionen.
- … sowie die Fähigkeit, in hohem Maße Aufrüstung zu betreiben – eine politische Priorität, die selbst für einige “Schuldenskeptiker” die Risiken der Wende vertretbar macht.
Deutschland plant die Schuldenwende_
(5 Minuten Lesezeit)
In den vergangenen 16 Jahren gab es im deutschen Kontext keinen besseren Moment, um Schulden zu erklären. 2009 wurde die Schuldenbremse eingeführt, heute wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit reformiert. Nicht nur das: Die wahrscheinlichen Koalitionäre von Union und SPD möchten die Reform für eine weitreichende Erhöhung der Verteidigungsausgaben nutzen und parallel einen riesigen Infrastrukturfonds aufsetzen. Die deutsche Schuldenpolitik ändert sich damit so sehr wie vielleicht noch nie und bereitet den Weg für eine der größten Mobilisierungen von Finanzmitteln in der Geschichte der Bundesrepublik – auf jeden Fall die größte seit der Wiedervereinigung. Das bedeutet auch: Kaum ein anderes Vorhaben in den vergangenen dreißig Jahren besaß ein dermaßen hohes Potenzial, die Zukunft Deutschlands und Europas zu bedingen.
Konkret planen die Koalitionäre zwei Maßnahmen, für welche sie eine Grundgesetzänderung benötigen, die mit dem “alten” 20. Bundestag gelingen soll. Eine Maßnahme ist die Aufsetzung eines neuen Sondervermögens für Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden EUR. Die zweite Maßnahme ist eine Reform der Schuldenbremse: Sämtliche Verteidigungsausgaben oberhalb 1 Prozent des BIP wären von der Regel ausgenommen und könnten nach freier Verfügung schuldenfinanziert werden; die Bundesländer würden liberalere Verschuldungsregeln erhalten.
Sondervermögen
Ein Sondervermögen ist ein Nebenhaushalt (oder, etwas negativer konnotiert, ein Schattenhaushalt), also ein Finanztopf, der nicht Teil des regulären Bundeshaushalts ist. Damit sind Sondervermögen von der Schuldenbremse ausgenommen, müssen aber auch per Zweidrittelmehrheit im Bundestag ins Grundgesetz geschrieben werden. Die allermeisten Sondervermögen sind schuldenfinanziert, laut Bundesrechnungshof (welcher sie ohnehin lieber “Sonderschulden” nennen würde) zu 90 Prozent. Einschränkungen sind, dass sie auf eine bestimmte Summe beschränkt, zweckgebunden und oft auf viele Jahre angelegt sind.
Frühere Regierungen hatten den Vorteil dieses Modells erkannt, womit es in der Geschichte der Bundesrepublik 29 Sondervermögen gab, 14 davon seit der Finanzkrise 2009. Das prominenteste moderne Sondervermögen dürfte jenes für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden EUR sein, von 2022 bis 2027 angelegt. Auch zur Bewältigung der Covid- und Energiekrise gab es zwei Sondervermögen als Teil des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von kollektiv 350 Milliarden EUR. Das Infrastruktur-Sondervermögen wäre das mit Abstand größte, allerdings auf 10 Jahre angelegt. Mit 50 Milliarden EUR pro Jahr bleibt es ein beachtlicher Geldeinsatz, wenn auch aufs Jahr gerechnet geringfügiger als die WSF-Sondervermögen, die nur ein Jahr bzw. drei Jahre lang galten.

Schuldenbremse
Die Schuldenbremse wurde 2009 eingerichtet. Die whathappened-Redaktion hatte schon Anfang Dezember einen Explainer zur Schuldenbremse verfasst (Link auch am Ende). Damals hatte die Regel soeben maßgeblich zum Scheitern der Ampelkoalition beigetragen und es zeichnete sich ab, dass sie ein Politikum bleiben würde. Entgegen anderslautender öffentlicher Beteuerungen vermutete die Redaktion bereits damals, dass eine Unionsregierung die Bremse vermutlich zu opfern bereit wäre – zu groß war der Finanz- und Verteilungsdruck im Haushalt.
In aller Kürze funktioniert die Schuldenbremse mit einer strukturellen Verschuldungsgrenze von 0,35 Prozent des BIP pro Jahr. So viele Schulden darf der Bund also jährlich aufnehmen; derzeit knapp 15 Milliarden EUR. Dazu kommt eine Konjunkturkomponente, welche in schlechten Zeiten mehr Verschuldung gestattet, in guten Zeiten mehr Frugalität verlangt. Ausnahmen gibt es keine, auch nicht für Investitionen. Für die Bundesländer sank die zulässige Verschuldung zwischen 2009 und 2020 auf null Prozent. Die angekündigte Reform würde die Länderverschuldung bei 0,35 Prozent ihres BIP deckeln und die Verteidigungsausgaben des Bundes jenseits 1 Prozent des BIP von der Schuldenbremse ausnehmen.

Was ist überhaupt eine Investition?
An beiden Maßnahmen gibt es Kritik, allerdings jeweils anderslautende. Der Infrastrukturfonds bleibt sehr vage. Das Geld soll laut schriftlicher Einigung zwischen Union und SPD in den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Verkehrs- und Energieinfrastruktur, in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung und in die Digitalisierung fließen. Der “Infrastrukturbegriff” ist damit deutlich weiter gefasst, als jene physische und vielleicht digitale Infrastruktur, welche die meisten Beobachter unter ihm verstehen dürften; der genaue Einsatz und die Verteilung der Gelder ist höchst unklar. Ein “Ausführungsgesetz” durch den neuen Bundestag soll Details festlegen.
Der Infrastrukturfonds wird vor allem von rechten Beobachtern und Ökonomen kritisiert. Einige prominente Ökonomen wie ifo-Chef Clemens Fuest – wohlgemerkt meist konservativen Positionen näher, doch zugleich fraglos einer der renommiertesten Forscher in der Bundesrepublik – scheinen es als eine Art Trojanisches Pferd zu interpretieren: Die Vagheit des Begriffs “Infrastruktur” erlaube, letzten Endes eine Vielzahl politischer Prioritäten durch Schulden zu finanzieren. Denn selbst, wenn etwa bestimmte Sozialausgaben nicht rechtssicher vom Sondervermögen abgedeckt wären: Milliardenschwere Ausgaben, die bislang im Haushalt lagen, befinden sich künftig im Nebenhaushalt. Der Anreiz, den neuen “Platz” im Haupthaushalt nicht einzusparen, sondern anderweitig auszugeben, ist hoch. Unionspolitiker mühten sich, zu betonen, dass das Sondervermögen nur aufgrund der SPD beschlossen worden sei – diese habe es zur Bedingung für höhere Verteidigungsausgaben gemacht.
Das verbindet sich mit einer grundlegenden Schwierigkeit in der staatlichen Investitionspolitik: Was ist eigentlich eine Investition? Die Volkswirtschaft unterscheidet zwischen konsumtiven und investiven Ausgaben, wobei erstere nur im laufenden Haushaltsjahr und zweitere auch auf längere Sicht wirtschaftliche Wirkkraft entwickeln sollen. Und auch wenn die Begriffe haushaltsrechtlich etwas genauer definiert sind, bleibt doch genug Spielraum, um sehr vieles zur Investition zu erklären. Fuest warnt deswegen, dass am Ende weite Teile des Infrastrukturfonds gar nicht in echte Investitionen, sondern in konsumtive Ausgaben fließen könnten.
Hütchenspiel im Haushalt
Auch an der Reform der Schuldenbremse gibt es Kritik. Zum einen ganz grundlegend, da knapp 48 Prozent der deutschen Ökonomen (und 56 Prozent der Bevölkerung) jegliche Lockerung der Schuldenbremse ablehnen. Zum anderen an den konkreten Vorschlägen: Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist unter den allermeisten namhaften Ökonomen gar nicht sonderlich umstritten, auch nicht ihre Schuldenfinanzierung. Dass jedoch nur Verteidigungsausgaben in Höhe von 1 Prozent des BIP aus dem Haushalt erbracht werden müssen, sorgt erneut bei rechten und liberalen Beobachtern für Unmut.
Die 1 Prozent entsprächen derzeit knapp 43 Milliarden EUR. Doch Deutschland gab bereits 2024 rund 52 Milliarden EUR für Verteidigung aus (plus etwa 40 Milliarden aus dem Sondervermögen Bundeswehr). Anders gesagt: Die Reform der Schuldenbremse würde nicht nur zusätzliche Verteidigungsausgaben per Kredit ermöglichen, sondern es erlauben, bereits bestehende aus dem Haushalt auszulagern – um dort also Platz für andere Ausgaben zu schaffen.
Wie Schulden funktionieren_
(9 Minuten Lesezeit)

Quelle: Reichsschuldenverwaltung, Dr. Alexander Mayer, wikimedia
Anleihen verstehen
Wie genau funktionieren Staatsschulden eigentlich? Die Bundesregierung setzt über die Deutsche Finanzagentur eine Anleihe auf, welche in erster Instanz 37 ausgewählte Geschäftsbanken erwerben können. Diese reichen sie in der Regel an den Sekundärmarkt (praktisch den freien Kapitalmarkt) weiter, wo die Käufer wahlweise Individuen, andere Banken, Firmen, Investmentfonds, Pensionsfonds oder andere Entitäten sein können. Während eine Aktie einen Anteil an einer Firma darstellt, ist eine Anleihe dabei einfach nur ein Schuldschein. Der Preis wird dabei in der Regel per Auktionsverfahren bestimmt.
Die Anleihe spezifiziert eine bestimmte Laufzeit (maturity), etwa ein Jahr, zehn Jahre oder 30 Jahre, und einen “Kupon” (coupon), welchen der Anleihehalter über die Laufzeit erhält. Bei dem Kupon handelt es sich um Zahlungen zu bestimmten, vorab festgelegten Zeiträumen. Hält der Eigentümer die Anleihe bis zum Ablauf ihrer Laufzeit, wird er mit den Kupons sein verliehenes Geld und vermutlich ein gewisses Extra in Form von Zinsen zurückerhalten haben.
Der Unterschied zwischen dem Kaufpreis und den gesamten Zinseinnahmen bildet die Rendite (yield). Sie drückt also aus, wie viel die Anleihe ihrem Käufer letzten Endes effektiv einbringt. Die Rendite einer Anleihe bewegt sich damit invers zum Preis: Je teurer die Anleihe, umso geringer der “Profit” durch sie.
Gut zu wissen: Anleihen heißen auf Englisch “bonds”, doch die deutschen Anleihen werden in allen Sprachen als “Bunds” bezeichnet, kurz für Bundesanleihe. Eigentlich bezeichnet das aber nur Anleihen mit über 7 Jahren Laufzeit; darunter gibt es etwa die “unverzinslichen Schatzanweisungen” (Bubill) und “Bundesschatzanweisungen” (Schatz). 2020 wurde zudem erstmals eine “grüne” Bundesanleihe (Green) begeben, welche für die Finanzierung klimapolitischer Vorhaben genutzt wird. Die Finanzagentur erklärt das in mehr Detail.
Der Anleihehalter hat dabei keine Verpflichtung, die Anleihe bis Laufzeitende zu halten: Er kann sie unterwegs am Sekundärmarkt weiterverkaufen. Wie sich der Preis der Anleihe in der Zwischenzeit verändert hat, hängt vor allem davon ab, was sich am Zinsniveau des Landes tut. Steigen die Zinsen oder erwarten Anleger steigende Zinsen in der relevanten Zukunft, dann fallen die Preise der existierenden Anleihen – schließlich sind sie weniger wert, da es in Kürze Anleihen mit höheren Zinsen geben wird. Und vice versa. Die Zinsentwicklung zu verfolgen und vorherzusehen ist für Anleiheninvestoren damit essenziell wichtig. Makroökonomische Aspekte wie die Wachstumsrate, die Währungsstabilität und die Inflation bestimmen mal indirekt, mal direkt ebenfalls den Zins. Und die Verschuldung natürlich ebenso.
Warum es Zinsen gibt
An dieser Stelle ergibt es Sinn, zu erklären, warum ein Zins überhaupt existiert. Drei Gründe sind zentral: Erstens, ein Zins stellt einen Profit dar. Statt nur das verliehene Geld zurückzuerhalten, wird auch die Profitabsicht des Gläubigers gedeckt, sei es nun eine Bank oder eine Privatperson.
Zweitens, ein Zins kompensiert einen Gläubiger für das Verlustrisiko. Je höher das Risiko, dass der Schuldner bankrott geht, sich also weigert zurückzuzahlen oder dazu nicht imstande ist, umso höher die Risikoprämie, die an einen Schuldschein geknüpft wird. Das ist übrigens, wo Ratingagenturen wie Fitch und Moody’s ins Spiel kommen: Sie bewerten die Bonität (Kreditwürdigkeit) eines Staates oder einer Organisation, womit sie helfen, am Markt eine Risikoprämie herauszubilden.
Drittens, ein Zins signalisiert den Zeitwert von Geld. Wer 100 Euro ein Jahr lang verleiht, besitzt diese nicht zur eigenen Verfügung. In der Zwischenzeit hätte der Gläubiger allerlei Investitionsprojekte durchführen, allermindestens aber eigens in festverzinste Finanzprodukte investieren können. Diese Opportunitätskosten – also die aufgegebenen Alternativen – muss der Schuldner mit vergüten. Geld besitzt damit einen “Zeitwert”. Der Zins, der an eine Anleihe (oder einen Kredit oder Ähnliches) geknüpft ist, stellt also eine Kombination aus Zeitwert, Risikoprämie und über beides hinausgehenden Profit dar.
Die Vorteile von Schulden: Krisen bewältigen
Was ist von Schulden zu halten? Wie so oft ist die Antwort in der Ökonomie: Es kommt drauf an. Schulden bieten offenkundig genug Vorteile, um sie zu einem zentralen Bestandteil der globalen Wirtschaft zu machen. Dabei lassen sich die “Vorteile” im Grunde auf einen Satz zusammenschmelzen: Schulden bringen Geld, und zwar im Hier und Jetzt.
Geht es etwa um die akute Krisenbekämpfung, bieten Schulden möglicherweise wichtige finanzielle Ressourcen. Ein gutes Beispiel ist die Covid-Krise: Diese war in ihrer Frühphase der Inbegriff einer vorübergehenden Nachfragekrise, in welcher verunsicherte Wirtschaftsakteure zu wenige Güter und Dienstleistungen nachfragten. Die “Textbuchlösung” dafür ist es, einfach Geld auf die Wirtschaft zu werfen – den Privatkonsum und Staatskonsum anzukurbeln – und sie so lange zu stabilisieren, bis die Problemursachen (sprich, die Pandemie und ihre Lockdowns) vorbeigezogen sind. Industriestaaten fiel die Krisenreaktion in der Pandemie deutlich leichter als Entwicklungsländern, unter anderem, weil letztere weniger Zugang zu externer Finanzierung besaßen.
Gut zu wissen: Die Covid-Krise war eine komplexe Mischkrise. Auf die vielerorts durchaus erfolgreich gelöste Nachfragekrise in der Frühphase 2020 schlossen die Lieferkettenkrise 2020/21 sowie die Energiekrise 2021-23 an, welche ganz im Gegenteil angebotsseitige Krisen darstellten: Es fehlte wahlweise an Produktionskapazitäten, Lieferkettenkapazitäten, Rohstoffen oder allem drei. Und in Kombination mit einer möglichen Überreaktion auf die Nachfragekrise 2020 führte das in die Inflationskrise 2022/23. Viel Krise – nicht umsonst entstand der Begriff “Polykrise” für die Vorgänge 2020-23. Zumindest im deutschen Kontext geht die Krise ungebrochen weiter. Unser Jahresreview 2022 erklärte die Polykrise im Detail.
Die Vorteile von Schulden: Investieren und Stabilisieren
Darüber hinaus erlauben Schulden es, Geld einzusetzen, das man derzeit nicht besitzt. Wenn ein Land ein zukunftsträchtiges Investitionsprojekt erkennt, welches auf lange Sicht mehr einbringt, als es kostet, sind Kredite ein Weg, das Projekt zu realisieren. Ein gutes Investitionsprojekt deckt nicht nur seine Kosten binnen einiger Jahre oder Jahrzehnte von selbst, es kann die Schuldenquote trotz Kreditaufnahme sogar senken: indem es das Wirtschaftswachstum stärker steigert, als die Schuldenaufnahme die Zinsbelastung gesteigert hat. Doch ohne ausreichendes Kapital lässt sich das Projekt gar nicht erst beginnen.
Etwas weniger utilitaristisch und dafür politischer gedacht, ermöglichen Schulden einer Regierung, Verteilungskonflikte zu reduzieren. Die Ampelkoalition ist ein Beispiel dafür: Hätte sie mehr Schulden machen können, hätten die Koalitionäre ihre Ausgabenprioritäten leichter unter einen Hut gebracht. Ungeachtet der persönlichen politischen Präferenzen nehmen Schulden damit eine politische Stabilisierungsfunktion ein – zumindest in der Kurzfrist. Dasselbe gilt auch für die Verteilungskonflikte in der Bevölkerung: Der Staat, der Schulden machen kann, muss eventuell keine Steuern erhöhen oder beliebte Subventionen und Sozialausgaben streichen.
Die Risiken von Schulden: Finanzierungskosten und Verteilungskonflikte
Die Probleme von Schulden lassen sich wohl am ehesten in drei Punkte herunterbrechen, welche alle miteinander zusammenhängen.
Erstens: Schulden kosten Geld, nämlich in Form der genannten Zinsen. Je mehr Schulden ein Staat macht, umso höher selbstverständlich seine Zinsbelastung. 3 Prozent von 100 Millionen sind schließlich mehr als 3 Prozent von 10 Millionen.
Gleichzeitig bleibt der Zinssatz nicht ein und derselbe: Makroökonomische Entwicklungen beeinflussen den Zinssatz und damit die Finanzierungskosten. Für Deutschland ist dabei ausgerechnet die Eurozone ein Unsicherheitsfaktor: Die Bundesrepublik unterliegt der Europäischen Zentralbank (EZB), welche ihre Zinsentscheidungen anhand der Preisentwicklung in der gesamten Eurozone fällt – was nicht immer das ist, was Deutschland benötigt.
Wie das hin und hergehen kann, ließ sich in den vergangenen 15 Jahren gut beobachten. War das Zinsniveau vor der Finanzkrise relativ hoch, brach es im Anschluss ein: Die Inflation lag niedrig und es galt eine Krise zu durchstehen. Diese war irgendwann überwunden, doch die Inflation wollte partout nicht anziehen – also blieben die Zinsen ein Jahrzehnt lang sehr niedrig, nämlich im Null- oder sogar Negativbereich. Die Covid-Krise tat ihr Übriges, um die Zinsen niedrig zu halten. Kaum brach die Inflationskrise 2022/23 aus, steigerte die EZB das Zinsniveau: von minus 0,5 Prozent beim wichtigen Einlagezins Mitte 2022 auf einen Höhepunkt von 4,0 Prozent bis September 2023.

Deutschland bekam das sehr direkt zu spüren. Der Anteil der öffentlichen Zinszahlungen am BIP stieg von einem Tiefpunkt 2021 von 0,59 Prozent (er lag zuletzt 1960 niedriger) auf 0,87 Prozent im Jahr 2023. Im historischen Vergleich ist das zwar noch immer wenig – sein Rekordhoch erreichte Deutschland 1995 mit 3,5 Prozent – doch es geht hier noch immer um Hunderte Millionen Euro.
Eine vielleicht noch bessere Illustration: Der Anteil des Bundeshaushalts, welcher nur für den Schuldendienst aufgebracht werden musste, stieg von 2021 bis 2023 von 2,7 auf 8,8 Prozent. In absoluten Beträgen: von 15,3 auf 40,5 Milliarden EUR. Deutschland musste aufgrund des Mix aus erhöhten Schulden und höheren Zinsen also 25,2 Milliarden EUR mehr für seinen Schuldendienst erbringen – Geld, das an anderer Stelle fehlte und zum Scheitern der Ampelkoalition beitrug.

Schulden bedeuten also Verteilungskonflikte in der Mittel- und Langfrist. Mehr Schulden bedeuten höhere Zinszahlungen, und das bedeutet weniger Geld für andere Prioritäten in der Zukunft – es sei denn, die Schulden übersetzen sich dank intelligenten Einsatzes in nachhaltig höhere Wachstumsraten oder die Regierung hat Glück durch längerfristig sinkende Zinsniveaus. Dafür gibt es allerdings keine Garantie. Hier zeigt sich auch der oft beschworene “intergenerationale” Fairnessaspekt, welcher etwa als durchaus valides Argument zugunsten der Schuldenbremse angeführt wird (wobei unser “Vorteile von Schulden”-Kapitel zugleich ein intergenerationales Gegenargument gegen die Schuldenbremse bot).
Die Risiken von Schulden: Politische Fehlanreize
Ein Grund, warum es keine Garantie für einen “intelligenten Einsatz” von Schulden geben mag, ist die politische Anreizfunktion dahinter. Sowohl autoritäre Staaten als auch Demokratien haben reichlich Anreize, Gelder eher für kurzfristige, konsumtive Zwecke auszugeben. Etwa, weil sie bestimmte Wählergruppen vor einer Wahl zufriedenstellen möchten. Andersherum sind Themen mit sehr langfristigen Resultaten, etwa die Bildungspolitik, wahlstrategisch kaum ergiebig. Wo linke Beobachter grundsätzlich mit mehr Wohlwollen auf die staatliche Wirtschaftsaktivität blicken, zweifeln vor allem rechte Beobachter an der Fähigkeit des Staates, Gelder tatsächlich langfristig und “investiv” statt kurzfristig und konsumtiv einzusetzen – und außerdem die richtigen Investitionen auszusuchen.
Stimmt diese Kritik, so stellt die Natur von Schulden eine gefährliche Anreizfunktion dar: Sie erlauben es einem politischen Akteur, Verteilungskonflikte einfach zu umgehen und das Problem der Rückzahlung auf eine für ihn womöglich gar nicht mehr relevante Zukunft zu verschieben. Wo wir das Vermeiden von Verteilungskonflikten oben noch als Vorteil beschrieben, so kann dieser Aspekt eben zugleich zur Gefahr geraten, wenn er eine Regierung zu einer überaktiven Schuldenpolitik und wenig Haushaltsdisziplin verlockt.
Die Risiken von Schulden: Teufelskreise und Multikrisen
Die nächste Gefahr von Schulden ist, dass sie ein Eigenleben annehmen können. Denn steigende Zinsen gibt es nicht nur dann, wenn die Zentralbank den Leitzins anhebt. Auch die Risikoprämie kann steigen. Je höher die Schuldenlast eines Landes, umso höher das Risiko eines Bankrotts. Also steigt die Risikoprämie in Form des Zinses – doch damit auch die gesamte Schuldenlast des Landes. Das steigert die Ausfallgefahr und die Risikoprämie. Ein Teufelskreis setzt ein, welcher ein Land immer stärker unter Druck setzen kann.
Im ärgsten Fall bricht eine Schuldenkrise aus, welche das gesamte Land destabilisiert. Die hohe Schuldenlast wird für das Land immer schwieriger stemmbar; es wendet immer höhere Teile seines Haushalts auf (oder bedient Schulden mit neuen Schulden) und begibt sich zuhause in Verteilungskonflikte. Womöglich senkt es die Staatsausgaben so sehr, dass das die Wirtschaft in eine Rezession abwürgt. Oder die Angst der Märkte vor einem Staatsbankrott führt dazu, dass die Währung massiv an Wert verliert – was Importe verteuert und der Wirtschaft sowie dem Versorgungszustand der Haushalte schadet. Da die Staatsanleihen des Krisenlandes mit der wachsenden Bankrottgefahr an Wert verlieren, leiden Haushalte und vor allem heimische Banken, welche vermutlich überproportional die Anleihen ihres Heimatlandes im Portfolio hatten. Im schlimmsten Fall kommt nun auch noch eine Bankenkrise hinzu. Das Bild dürfte ausreichend gezeichnet sein: Eine Schuldenkrise kann so destabilisierend wirken, dass sie in eine schwere Multikrise führt, die Währung, Finanzsystem, Wirtschaftswachstum und zu guter Letzt die grundlegende Versorgung im Land mit sich reißt.
Gut zu wissen: Warum nicht einfach in den Staatsbankrott gehen? Unser Explainer “Die Welt in der Schuldenkrise” aus 2022 erklärt das gut. Die Option hat ein Land stets (und manchmal ist es die einzige Wahl), doch auch ein Bankrott kommt mit Kosten daher: Das Land verliert im Schnitt 7 bis 15 Jahre den (teilweisen) Zugang zum internationalen Finanzsystem und wird bei der Rückkehr mit einer höheren Risikoprämie bedacht. Zudem kann es sich in Zukunft vermutlich nur noch schwierig in seiner eigenen Währung Geld leihen, was mit besonderen Herausforderungen daherkommt.
Was Deutschland bevorsteht_
(8,5 Minute Lesezeit)

Die Schuldenquote wird steigen…
Schulden haben also gewichtige Vorteile und Risiken. Das gilt entsprechend auch für die neuen Pläne, welche die Koalitionäre in Deutschland verfolgen.
Die Bundesrepublik hatte Ende 2024 insgesamt 2,489 Billionen EUR öffentliche Schulden, also aus Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung. Davon gingen 1,719 Billionen EUR oder 69 Prozent auf den Bund zurück. Nicht enthalten sind in den Zahlen die Firmenverschuldung und die Haushaltsverschuldung, es geht also nur um die Staatsverschuldung. Die Schuldenquote, welche die absolute Summe in Relation zum BIP setzt und damit für die allermeisten Analysen nützlicher ist, lag bei knapp 63 Prozent; die genauen Werte werden noch unterschiedlich geschätzt. Das ist im internationalen Vergleich in jedem Fall nicht allzu hoch; unter vergleichbar großen Ländern ist Deutschland eines der am wenigsten verschuldeten (siehe Grafik oben).
Mit den neuen Schuldenplänen dürfte die Quote deutlich ansteigen. Erstens, weil Hunderte Milliarden Euro an Krediten aufgenommen werden. Besagte 500 Milliarden EUR für den Infrastrukturfonds und “open end” für die Verteidigung, wobei medial von 400 Milliarden EUR Bedarf die Rede war. Dazu kommt aber auch, dass so eine große Anleihenemission nur mit höheren Zinsen gelingen wird – es würde zu aktuellen Zinskonditionen einfach nicht genug Nachfrage am Markt geben. Und die kräftig steigende Schuldenquote könnte Anleger dazu bewegen, Deutschland mit einer Risikoprämie zu belegen. Bislang gilt die Bundesrepublik als Benchmark für eine risikofreie Anlage; die Differenz (spread) deutscher Bunds zu anderen Anleihen, z.B. italienischer, zeigt sogar deren Risikoprämie an. Das könnte sich in der Zukunft ändern.
Gut zu wissen: Die Anleihenmärkte erkennen jedenfalls bereits Zinssteigerungen in der Zukunft. Da also lukrativere Anleihen bevorstehen, verloren bestehende Anleihen an Wert. Ihr Preis sank, die Rendite stieg. Siehe unsere Erklärung zu Anleihen weiter oben.
Derzeitige Schätzungen für den Anstieg der Schuldenquote landen bei 90 bis 100 Prozent bis zum Jahr 2035. So etwa seitens Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer und dem ZEW-Forscher Friedrich Heinemann. Das wäre deutlich über dem bisherigen Rekordwert von 80 Prozent direkt nach der Finanzkrise 2008/9.

… doch das muss kein Grund zur Sorge sein
Hohe Schuldenquoten müssen nicht zwingend ein Problem darstellen. Dass auch die Schuldenquote kein perfekter Indikator dafür ist, wie gefährlich ein Schuldenstand ist, zeigt das Beispiel von Japan. Mit 250 Prozent Quote ist Japan so hoch verschuldet wie kaum ein anderes Land. Als die Eurokrise ausbrach, lag Griechenland bei knapp 150 Prozent Schuldenquote; Japan bei über 200 Prozent. Am Ende kommt es eben vor allem darauf an, wie sehr Finanzmärkte darauf vertrauen, dass ein Land seine Zinsverbindlichkeiten bedienen kann – und wie sehr die Zahlungen den eigenen Haushalt unter Druck setzen. Ist der Druck handhabbar und das Vertrauen auf Zinszahlungen hoch, muss auch eine hohe Schuldenquote nicht per se ein Problem darstellen.
In diesem Sinne argumentieren einige Beobachter, dass die deutsche Neuverschuldung sogar gesund wäre. Nicht nur mit Hinblick auf politische Prioritäten, etwa was Aufrüstung betrifft, sondern sogar rein auf die Wirtschaft bezogen. Die Ratingagentur S&P argumentiert etwa, dass die Ankurbelung der Konjunktur so positiv für die Kreditwürdigkeit sei, dass die höhere Verschuldung die bestmögliche Bonitätsnote AAA sogar stütze – ein Gegenargument für die Sorge steigender Risikoprämien.
Das knüpft an zwei Überlegungen an: Zum einen das langfristige Investitionsargument. Wenn Deutschland Geld in langfristig wertvolle und renditestarke Projekte leitet, finanzieren sich die Schulden auf Dauer von selbst. Zum anderen ein kurzfristiges Konjunkturargument: Deutschland befindet sich derzeit in einer Konjunkturkrise mit schwachem BIP-Wachstum. Wenn der Staat aber Dutzende Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich in die Wirtschaft leitet, treibt er die Konjunktur an.
Den Konjunkturschub mitnehmen
Das erste Argument hängt wie schon erwähnt davon ab, wie viel echte Investitionsbereitschaft und Investitionskompetenz ein Beobachter dem Staat zutraut. Der schon eingangs erwähnte ifo-Chef Clemens Fuest gehört etwa zum Lager der Skeptiker, welcher “Verschiebebahnhof” von Ausgaben aus dem Bundeshaushalt anstelle echter Investitionen befürchtet.
Das zweite Argument, jenes zur Konjunktur, ist dagegen hieb- und stichfest: Wenn der Staat über zehn Jahre nahezu eine Billion Euro mobilisiert, kann das gar nicht anders, als die Wirtschaftsaktivität und das BIP-Wachstum anzukurbeln – selbst wenn die Gelder in bester bürokratischer Manier nur recht langsam ausgespielt werden. Auch inflationsbereinigt schätzt eine erste frühe Studie, dass binnen zehn Jahren 4,3 Prozent mehr Wirtschaftsleistung als in einem Szenario ohne Schuldenplan bestünde. Und laut der Großbank Goldman Sachs könnte das deutsche BIP-Wachstum 2026 statt 0,8 stattliche 2 Prozent betragen, wenn die Gelder relativ zügig fließen.
Das Inflationsgespenst
Das Stichwort Inflation ist wichtig: Wirtschaftswachstum geht oft mit Inflation einher, denn Nachfrage kann oft schneller als das Angebot wachsen – was Produzenten mit steigenden Preisen quittieren – und mehr Wirtschaftsaktivität bedeutend steigende Gehälter, welche Produzenten ebenfalls mit steigenden Preisen kompensieren. Vor allem wenn eine Wirtschaft am Kapazitätslimit steht, also Angebot und Arbeitsangebot nicht einfach ausweiten kann, bedeutet Wachstum zugleich Inflation. In Deutschland dürfte das der Fall sein: Firmen erleben einen Arbeitskräftemangel, teure Energie und künstliche Produktionsbarrieren wie langsame Genehmigungsprozesse und hohe Bürokratiebelastung.
Der Schuldenplan dürfte sich also in höhere Inflation übersetzen – was auch eine Verteilungswirkung hätte: Weg von ärmeren Haushalten und Sparern, hin zu den direkteren Profiteuren der schuldenfinanzierten Programme. Zugleich ist zum jetzigen Zeitpunkt schwierig einschätzbar, ob es sich um einen sanften, moderaten oder signifikanten Anstieg bei der Inflationsrate handeln wird. Dafür kommt es unter anderem darauf an, wie schnell die Gelder aktiviert werden und, selbstverständlich, was drumherum in der Wirtschaft und Geopolitik geschieht.
Der Privatsektor und das Ausland
Dann gibt es noch zwei weitere namhafte “indirekte” Konsequenzen durch den Schuldenplan. Erstens, dass der Staat durch sein muskulöses Eintreten in die Wirtschaft den Privatsektor “vertreiben” könnte. Etwa, da er nun verstärkt im Wettbewerb um ohnehin rare Ressourcen wie Arbeitskräfte, Kapital und Bürokratiekapazitäten stehen wird, aber auch weil er die Inflation und das Zinsniveau anheben wird. Das nennt sich “crowding out”-Effekt (die Empirie dahinter ist jedoch nicht ganz eindeutig). Ganz besonders könnten das Menschen und Firmen zu spüren bekommen, welche auf Bauarbeiter und Handwerker warten, die nun in staatlichen Infrastruktur-Aufträgen gebunden sind. Etwas allgemeiner gesagt werden all jene, die ohnehin skeptisch auf eine hohe Staatsquote in der Wirtschaft blicken, “crowding out” als signifikantes Langfristrisiko empfinden.
Die zweite Konsequenz ist, dass Deutschland nicht nur seine eigenen Zinsen hochschraubt. Die Flutung des Kapitalmarkts mit deutschen Anleihen steigert bereits jetzt, in Antizipation, die Finanzierungskosten anderer europäischer Länder. Während die deutsche Bonität zumindest mittelfristig nicht in Gefahr zu sein scheint, tun sich Staaten wie Frankreich und Italien ohnehin bereits mit ihrer fiskalischen Lage schwerer. Das deutsche Manöver erhöht ihre Schuldenlast.
Ein Fazit
Was bleibt als Fazit? Das Schuldenpaket ist unter Spitzenökonomen umstritten. Einige freuen sich über einen “echten Gamechanger” (der SPD-nahe Ökonom Jens Südekum), andere warnen vor dem “Weg in den Abgrund” (die eher konservative Standpunkte vertretende Veronika Grimm). Wieder andere, wie der von uns einige Mal erwähnte Clemens Fuest, stehen irgendwo dazwischen. Einig sind sich praktisch alle, dass die Schuldenpläne flankiert werden müssen von Strukturreformen – der klassische Kanon aus Bürokratieabbau, Arbeitskräftezuwachs und so weiter – und von Ausgabensenkungen.
In der Bevölkerung unterstützt eine Mehrheit von 59 Prozent die Schuldenfinanzierung von Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben, doch es kann sein, dass viele Befragte den Begriff “Infrastruktur” missverstehen.
Unser Explainer zeigt in den Grundzügen auf, was die Gefahren und Vorteile einer aktiveren Schuldenpolitik sind. In diese Abwägung gehört jedoch ganz maßgeblich die persönliche Bewertung dessen, wofür die Schulden eingesetzt werden, hinein. Wer beispielsweise findet, dass Aufrüstung heute eine der größten Prioritäten Deutschlands darstellt, wird an einer Schuldenfinanzierung realistisch keinen Weg vorbei finden – und gewisse Risiken hinnehmen müssen.
Werden das neue Sondervermögen und die Schuldenbremse-Reform in die Realität umgesetzt, was zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich, aber nicht garantiert, wirkt, wäre das eine echte Zeitenwende. Zumindest für ein Jahrzehnt würde Deutschland von seiner traditionellen strengen Fiskalpolitik abweichen, mit allen einhergehenden Risiken und Chancen. Die Infusion von womöglich einer Billion Euro entspräche knapp 20 Prozent des BIP. Schaut man sich die preisbereinigte BIP-Entwicklung an, bedeutet das, dass Deutschland rein rechnerisch sein gesamtes Wachstum seit 2016 noch einmal in die Wirtschaft hineinspült – dass das über zehn Jahre gestreckt wird, macht es kaum weniger beachtlich.
Damit ist eine Sache klar: Was in den kommenden Tagen und Wochen entschieden wird, ausgerechnet in einem “Interregnum” zwischen alter und neuer Regierung, wird das gesamte Land und sogar den Kontinent maßgeblich beeinflussen, mindestens auf Jahre, vielleicht auf Jahrzehnte. Die große Frage wird allerdings bald nicht mehr sein, ob und wie viel ausgegeben wird, sondern wofür genau.
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