Die Bundestagswahl 2025: Steuern & Finanzen

Der erste von mehreren Explainern zu den Wahlprogrammen der Parteien.
02.02.2025

Investitionen | Haushalt | Steuern | Vermögensbildung

(12 Minuten Lesezeit)

Blitzzusammenfassung_(in 30 Sekunden)

  • Ignoriert man gewisse Nuancen, gibt es wenig Überraschendes in der Finanz- und Steuerpolitik: Die eher linken Parteien (SPDGrüneLinkeBSW) setzen auf viel Umverteilung und einen aktiven Staat, welcher sich von der Schuldenbremse weniger einhegen lässt. Neue Kredite und höhere Steuern sollen erhöhte Ausgaben decken.
  • UnionFDP und AfD halten an der Schuldenregel fest und wollen in erster Linie privates Kapital wirken lassen. Geringere Steuern – ausdrücklich auch für hohe Einkommen – sollen konjunkturbelebend wirken und damit mittelfristig das Finanzierungsproblem lösen.
  •  
  • Wahlprogramm Union
  • Wahlprogramm SPD
  • Wahlprogramm Grüne
  • Wahlprogramm FDP
  • Wahlprogramm AfD
  • Wahlprogramm Linke
  • Wahlprogramm BSW
  • Wahlprogramm Volt

Die Bundestagswahl 2025 nähert sich. Die whathappened-Redaktion verfasst zu diesem Anlass über die nächsten drei Wochen eine Reihe von Explainern, welche die Positionen der Parteien in verschiedenen Themen darstellen und gelegentlich einordnen. Das soll dir helfen, die Parteiprogramme zu verstehen und eine fundiertere Wahl treffen zu können.

  • Wir rechnen damit, mindestens 4 Wahlprogramm-Explainer zu veröffentlichen, womöglich mehr.
  • Wir werden in unserer Explainer-Reihe eine hohe Themenbreite abdecken, können jedoch nicht jedes Wahlthema beleuchten.
  • Die Kleinpartei Volt trifft unter der whathappened-Leserschaft auf ein hohes Interesse, wie unsere regelmäßigen Umfragen zeigen. Wir analysieren das Programm der Partei deswegen ebenfalls.

Investitionen und Finanzen_

(6 Minuten Lesezeit)

Deutschland erlebt heute ein miserables Wachstum, nach 15 Jahren als “Powerhouse” der EU. Hinter zwei Jahren an schrumpfenden BIP-Zahlen verbergen sich stagnierende Lebensstandards, schleppender Vermögensaufbau, sinkende staatliche Handlungsrahmen, überlastete Sozialsysteme, weniger Attraktivität für Fachkräfte und Verteilungskämpfe, die bis in die Migrationspolitik ausstrahlen. Die Wiederbelebung der Konjunktur hat damit eine akute gesamtgesellschaftliche Relevanz. Das berührt zugleich die Frage der Staatsfinanzen: Wie viel sollte der Staat aktiv ausgeben, um die Konjunktur anzukurbeln oder langfristige Investitionsbedarfe zu realisieren? Und ist er dafür bereit, die Schuldenbremse aufzugeben?

Union

Die Union hält an der Schuldenbremse fest und will für die Staatsfinanzen “alle Ausgaben” hinterfragen, vor allem Subventionen. Einen (teilstaatlichen) “Investitionsturbo” a la SPD oder Grünen plant die Union nicht, sondern möchte eher eine Mobilisierung von privatem Kapital erreichen. In diesem Sinne versucht sie etwa mit ihren Steuersenkungen (siehe “Steuerpolitik”) einen Konjunktureffekt zu bezwecken. Mangels äquivalenter Einnahmenpläne in ihrem Programm muss die Union bei der Finanzierung der Steuersenkungen jedoch darauf hoffen, dass das Wachstum tatsächlich schnell und stark genug anzieht.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Etwa die Hälfte der deutschen Ökonomen befürwortet eine Lockerung der Schuldenbremse, etwa um stärker auf Krisen reagieren oder benötigte Investitionen tätigen zu können. Entsprechend sind die beliebtesten Reformen Ausnahmeregeln für Investitionen, gefolgt von einer großzügigeren Konjunkturkomponente, welche bestimmt, wie tolerant die Schuldenbremse in Krisenmomenten ist. Siehe Grafik oben. In der Gesamtbevölkerung hat die Schuldenbremse etwas mehr Fans: 56 Prozent möchten an ihr festhalten.

Explainer: Was es mit der Schuldenbremse auf sich hat (2024)

SPD

Die SPD verspricht einen 100 Milliarden EUR schweren “Deutschlandfonds“, welcher staatliches und privates Kapital in Firmen investiert (in unklaren Anteilen, wobei impliziert ist, dass die 100 Milliarden auf den Staat entfallen). Das soll in Form von Krediten und Beteiligungen geschehen. Firmen sollen entlastetwerden, “aber nicht durch pauschale Steuersenkungen für alle”, sondern mit einem “Made in Germany“-Bonus. So würden bestimmte Unternehmensinvestitionen direkt mit 10 Prozent Steuererstattung gefördert.

Die Schuldenbremse möchte die SPD reformieren, genauer offenbar per flexiblerer Defizitregel und ausgeklammerten Investitionen – bleibt jedoch vage darin, was als “Investition” gemeint ist. Die Reform dürfte auch viele der Ausgabenpläne der SPD finanzieren, ungeachtet der Tatsache, dass sie von “stabilen Staatsfinanzen” spricht. Zugleich erhöht sie bestimmte Steuern oder führt neue ein (siehe “Steuerpolitik”).

Gedanken der whathappened-Redaktion: Was genau eine Investition ist, ist gar nicht so einfach zu definieren und dürfte von Beobachter zu Beobachter etwas variieren. Den Begriff in ihrem “Made in Germany”-Bonus festzuschreiben, dürfte der SPD nicht allzu schwer fallen. Die Schuldenbremse um eine Investitionskomponente zu erweitern, ist dagegen komplexer. Eine künftige Regierung müsste sehr klar definieren, was eine langfristig nützliche Investition ist und was eine rein konsumptive Ausgabe. Ist eine Autobahn eine Zukunftsinvestition? Was ist mit kostenlosen Mittagessen in Schulen? Alles kann eine Investition sein, wenn man es ausreichend mag.

Grünen

Die Grünen wollen wie die SPD Investitionen mit 10 Prozent Prämie anfeuern, setzen das allerdings nur auf fünf Jahre an. Sie setzen ebenfalls auf staatliches Kapital für einen “Deutschlandfonds“, für welchen ein “dreistelliger Milliardenbereich” angedeutet wird. Das Geld soll in Infrastruktur, Klimaschutz und Bildung fließen. Eigen sind spezielle Förderungen für emissionsarme Firmen und mehr Nachhaltigkeitskriterien für staatliche Geldanlagen. Wegfallen sollen “klima- und umweltschädlicheSubventionen“.

Zusammen mit einer Reform der Schuldenbremse – Investitionen werden ausgeklammert und die Konjunkturkomponente wird locker, um mehr Schulden in Krisenzeiten zu erlauben – und neuen Steuern wollen die Grünen ihre hohen Ausgabenpläne finanzieren.

Gedanken der whathappened-Redaktion: In Anbetracht der hohen Ausgabenpläne von SPD und Grünen ist es sehr unwahrscheinlich, dass die geplanten Steuererhöhungen zur Deckung genügen. Damit würden beide Parteien verstärkt auf Schulden zurückgreifen müssen.

FDP 

Wie die Union hält auch die FDP an der Schuldenbremse fest. Die Partei lehnt außerdem ausdrücklich neue Schulden auf EU-Ebene ab. Sie will Subventionen und Staatsbeteiligungen reduzieren und das eingenommene Geld beispielsweise in die Bildung investieren. Neue Subventionen will sie streng prüfen und nur zeitlich befristet aufsetzen lassen. Details bietet die FDP insgesamt wenige.

AfD 

Die AfD äußert sich ähnlich wie die FDP, aber mit eigenen Stilelementen: Die Schuldenbremse bleibt, staatliche Ausgaben sollen vollständig überprüft und Subventionen sollen abgeschafft werden – vor allem solche für den Klimaschutz. Auch die Entwicklungshilfe und die Zuwendungen an NGOs sollen fast komplett verschwinden.

Zudem zeigt sich die Europa-Skepsis der Partei: Sie will die Beitragszahlungen an die EU “drastisch” senken und die Gelder lieber für Investitionen zuhause einsetzen. Deutschland soll aus dem “scheiternden” Euro-System aussteigen und zu einer nationalen Währung zurückkehren.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Ein Ausstieg aus dem Euro wäre ein spektakulärer Fehltritt für Deutschland. Allein die Umsetzungskosten des Schritts wären gewaltig und damit inmitten einer Konjunkturschwäche fehl am Platz, wie auch die AfD als “Umstellungsbelastung” einräumt. Eine D-Mark würde deutlich steigende Transaktionskosten im Handel mit Europa bedeuten, etwa was den Wechsel von Währungen angeht, nachdem die Gemeinschaftswährung diese Kosten praktisch auf null reduziert hatte.

Zudem würde eine D-Mark sofort gegen den Euro aufwerten, was die deutsche Exportwirtschaft, welche immerhin 40 Prozent in die Eurozone exportiert, schwer treffen würde. Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit dürfte den Abzug von Arbeitsplätzen und Kapital bedeuten (im Gegenzug würden Importe günstiger werden). Im selben Zuge würden deutsche Forderungen an Ausland – deren “Sicherung” die AfD ironischerweise als ein Ziel formuliert – auch aufgrund der Währungsaufwertung deutlich an Wert verlieren. Der deutsche Wohlstandsverlust könnte je nach Stärke der Aufwertung extrem hoch ausfallen; die französische Bank Natixis beziffert die eingebüßten Forderungen mit 10 bis 20 Prozent des deutschen BIP.

Nicht völlig unrecht hat die Partei damit, dass der Euro eine komplexe Konstruktion ist, die 20 unterschiedliche Volkswirtschaften in einer Währung abdeckt und nicht selten zu “one size fits none” führt. Was ein Land benötigt, deckt sich nicht mit dem, was ein anderes Land benötigt – doch beide stecken in derselben Währung mit derselben Zentralbank fest. Die Eurozone ist in der Ökonomie damit ausdrücklich kein Beispiel für das Idealbild einer “Optimal Currency Area”. Ironischerweise ist ausgerechnet Deutschland durch seinen Exportfokus jedoch einer der größten Profiteure der Gemeinschaftswährung.

In diesem Sinne wird ein Euro-Austritt von praktisch keinem Ökonomen befürwortet. Selbst in der AfD war er umstritten und wird im Programm eher diffus begründet, nämlich damit, dass viele EU-Staaten hohe Schuldenquoten besitzen und in der Covid-Krise gemeinsame EU-Schulden aufgenommen wurden. Womöglich in Anerkenntnis der Radikalität des Plans schreibt die AfD, dass der Euro als Parallelwährung beibehalten werden könne.

Linke

Die Linke möchte die Schuldenbremse nicht einfach reformieren, sondern komplett abschaffen. Mit Krediten und dem Geld aus ihren zahlreichen Steuererhöhungen (siehe “Steuerpolitik”) möchte sie Hunderte Milliarden EUR an Investitionen in unterschiedlichsten Bereichen durchführen, darunter den “Industrieumbau” hin zu mehr “klimagerechter” Produktion. 

BSW

Das BSW will die Schuldenbremse reformieren und benennt konkrete Investitionsfelder – Klassiker wie Brücken, Schienen, Schulen und Netze, doch auch Wohnraum –, die ausgenommen sein sollen.

Volt

Volt möchte die Staatsfinanzen “solide und trotzdem flexibel” aufbauen – bleibt im Weiteren jedoch vage. Immerhin bei der Schuldenbremse wird die Kleinpartei sogar konkreter als die Konkurrenz: Sie will ebenfalls Investitionen ausklammern und nennt einige typische Beispiele (Infrastruktur, Bildung, Klima, Digitalisierung). Ein neues Gremium aus Fachleuten soll geplante Ausgaben bewerten, um sicherzustellen, dass es tatsächlich zukunftsorientierte Investitionen sind – die unter den Programmen ausdrücklichste Lösung für das von uns bezeichnete Problem der Begriffsdefinition. Volt erklärt außerdem ausdrücklich, dass es die Defizitgrenze – das “Herzstück” der Schuldenbremse – von derzeit 0,35 Prozent des BIP auf 1 Prozent erhöhen möchte.

Gedanken der whathappened-Redaktion:  Alles wie erwartet: Die linkeren Parteien fordern eine Reform (oder Abschaffung) der Schuldenbremse und formulieren teils sehr hohe staatliche Investitionspakete. Union und FDP halten an den Schuldenregeln fest und verzichten auf große staatliche Investitionspakete, da sie eher auf den Privatsektor setzen. Die AfD sticht heraus: Sie nennt ganz eigene Gruppen, bei welchen gespart werden soll, und verlangt einen Euro-Austritt.

Steuern und Vermögen_

(6 Minuten Lesezeit)

Union

Die Union will die Grundfreibeträge erhöhen und den Einkommenssteuertarif “schrittweise spürbar” abflachen (also dafür sorgen, dass Zahler wenig schnell in höhere Steuertarife geraten), ausdrücklich auch für Spitzenverdiener, welche zudem vom Wegfall des Rest-Solidaritätszuschlags profitieren würden. Die Tarife will die Union laufend an die Inflation anpassen, also die kalte Progression eliminieren. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen sinken. Damit das die Sozialkassen nicht kippen lässt, will die Union nicht näher genannte “erforderliche Maßnahmen” ergreifen.

Die Union plant keine Vermögenssteuer. Im Gegenteil: Sie hebt den Vermögensaufbau als Priorität hervor. Freibeträge in der Grunderwerbssteuer sollen etwa beim Erwerb von Wohneigentum helfen; die Erbschaftssteuer soll bei Eigenheimen und Betriebsvermögen großzügiger werden. Für Geringverdiener soll es eine “Vermögensbildungsprämie” geben. 

Die Unternehmensbesteuerung will die Union auf maximal 25 Prozent deckeln. Dazu kommen Verbesserungen bei Verlustrechnungen und Abschreibungen. Die Gastronomie profitiert insbesondere, denn ihre Umsatzsteuer sinkt von 19 auf 7 Prozent. 

Gedanken der whathappened-Redaktion: Die Steuerpläne der Union sind großzügig und teuer; das eher linke Wirtschaftsinstitut DIW schätzt sie auf 99 Milliarden EUR Kosten. Die Finanzierung ist nicht direkt ersichtlich, vor allem bei erhaltener Schuldenbremse. Die Union dürfte auf mehr Wachstum und somit Steuern hoffen, was sich grundsätzlich durchaus einstellen dürfte, jedoch in unklarem Maße – oder sie geht davon aus, dass sie die Schuldenbremse in den Koalitionsverhandlungen ohnehin lockern wird.

SPD

Die SPD möchte die Steuerbelastung für “95 Prozent der Steuerzahlenden” senken. Im Gegenzug sollen “Spitzeneinkommen und -vermögen” höher belastet werden – und verspricht eine Vermögenssteuer auf “sehr hohe” Vermögen sowie den Einsatz für eine globale “Milliardärssteuer”. Kapitaleinkommen sollen per Einkommenssteuertarif besteuert werden, statt wie bisher mit 25 Prozent “flat tax”. Am Solidaritätszuschlag auf die obersten 10 Prozent der Einkommen hält die Partei fest. Außerdem soll der Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von 7 auf 5 Prozent sinken.

Für Firmen sieht die SPD keine Steuererleichterungen vor. Stattdessen will sie “große” Betriebsvermögen stärker innerhalb der Erbschaftssteuer besteuern. Außerdem soll es in Kooperation mit anderen EU-Staaten eine Finanztransaktionssteuer geben.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Über eine Finanztransaktionssteuer wird in der EU mindestens seit 2011 ernsthaft diskutiert. Sie würde (je nach Ausgestaltung) sämtliche Kapitalmarkt-Transaktionen besteuern. Das soll zum einen die Finanzmärkte (genauer den Hochfrequenzhandel) etwas herabkühlen und Krisen vorbeugen, zum anderen Staatsumsatz aus der Finanzbranche abschürfen. Kritiker betonen, dass die europäische Finanzbranche an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und Kleinanleger letzten Endes mit belastet werden würden. Unterstützer betonen, dass der Effekt auf Privatanleger geringfügig bliebe.

Grünen

Die Grünen machen Umverteilung zur Priorität. Sie machen eine Reihe konkreter Vorschläge für die Reform der Erbschaftssteuer (erhöhen sie etwa für höhere Erbschaften) und wollen niedrige Einkommen z.B. mit Steuergutschriften und höheren Grundfreibeträgen fördern. Kapitalerträge deuten sie an künftig mit dem Einkommenssteuersatz besteuern zu wollen, wie Spitzenkandidat Robert Habeck bereits im Wahlkampf forderte. Auch die Grünen möchten eine nationale Vermögenssteuer und eine globale Milliardärssteuer. Das Ehegattensplitting in heutiger Form möchten die Grünen weitestgehend abschaffen. Für Unternehmen planen die Grünen keine Entlastungen.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Eine “Milliardärssteuer” wäre einfach eine Vermögenssteuer auf besonders hohe Vermögen. Vermögenssteuern sind umstritten: Auf der einen Seite bringen sie Umsatz und, je nach Betrachter, Fairness; auf der anderen Seite sind sie meist hochbürokratisch und teuer, könnten Kapitalabzug bewirken und kreieren Mehrfachbesteuerung (da das Vermögen zuvor als Einkommen oder Kapitalertrag besteuert worden ist). Mehrere Länder hoben ihre Vermögenssteuern nach schlechten Erfahrungen – teilweise kosteten sie mehr, als sie einbrachten – wieder auf. Linke Ökonomen betonen, dass das vor allem ein Umsetzungsproblem gewesen sei.

FDP 

Die FDP fordert einen “linear-progressiven Chancentarif” in der Einkommenssteuer, was einfach bedeutet, dass sie mittlere Einkommen entlasten will. Dazu kommt ein um mindestens 1.000 EUR höherer Grundfreibetrag. Wie auch bei der CDU soll der Solidaritätszuschlag komplett wegfallen und der Spitzensteuersatz später greifen, wobei die FDP konkreter wird: 96.600 EUR statt 68.000 EUR. Vermögenssteuern lehnt die Partei ab.  Die Erbschaftssteuer möchte sie durch Inflationsanpassung erleichtern.

Die Unternehmenssteuern möchte die FDP auf unter 25 Prozent senken und die Umsatzsteuer für die Gastronomie in jedem Fall auf 7 Prozent senken. Dazu kommen recht konkrete Ideen für mehr Abschreibungen.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Die Unternehmensbesteuerung ist in Deutschland im OECD-Vergleich recht hoch; Deutschland gilt Ökonomen damit als Hochsteuerland. In Umfragen unter Firmen wird die hohe Steuerlast regelmäßig als Standortnachteil benannt. Geringere Unternehmenssteuern dürften mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit positiv auf die Konjunktur einzahlen, bedeuten zumindest im ersten Schritt jedoch auch geringere Staatsumsätze, bis sich ein möglicher Wirtschaftsaufschwung geltend macht. 

AfD 

Die AfD möchte die Einkommenssteuer und die Unternehmenssteuern senken, wird aber nicht konkreter. Der Solidaritätszuschlag soll wegfallen; die CO₂-Abgabe ebenso. Der Grundfreibetrag soll von derzeit 12.096 EUR auf 15.000 EUR steigen. Auf Vermögenssteuern verzichtet die AfD, doch ungewöhnlicherweise will sie auch die Erbschaftssteuer komplett abschaffen. Die Grundsteuer ebenso.

Auch bei der AfD soll die Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf 7 Prozent sinken, wie schon bei Union und FDP. Das Ehegattensplitting will die AfD sogar noch ausweiten: Ein “Familiensplitting” soll Haushalte mit Kindern bevorteilen. Den privaten Vermögensaufbau will sie durch höhere Sparerpauschbeträge erleichtern; es würden also weniger Steuern auf Kapitalerträge anfallen.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Jede Partei möchte den Grundfreibetrag anheben. Er beschreibt, bis zu welchem Einkommensbetrag Steuerzahler nichts abgeben müssen. Eine Erhöhung kommt jedem Zahler zugute, doch je geringer das Einkommen, umso stärker die relative Entlastung. Die verhältnismäßig hohe Inflation der letzten Jahre hat das gesamtwirtschaftliche Preis- und Gehaltsniveau angehoben, womit der bisherige Grundfreibetrag von 12.096 EUR deutlich schneller erreicht wird. Zu einem gewissen Grad wäre eine Anhebung des Grundfreibetrags damit lediglich ein Inflationsausgleich.

Linke

Die Linke stellt eine Vermögenssteuer ins Zentrum ihrer Steuerpläne. Sie wird dabei konkret: 1 Million EUR soll der private Freibetrag betragen (was 2,5 Prozent der Bevölkerung beträfe), 5 Millionen EUR der betriebliche. Danach wird 1 Prozent fällig, welches ab 50 Millionen EUR auf 5 Prozent und ab 1 Milliarde EUR auf 12 Prozent steigt. Dazu kommt eine einmalige Vermögensabgabe von bis zu 30 Prozent für die reichsten 0,7 Prozent der Deutschen. Wenig überraschend unterstützt auch die Linke eine internationale “Milliardärssteuer“.

Bei den Einkommen will die Linke den Grundfreibetrag auf 16.800 EUR anheben, den Soli behalten und Spitzenverdiener mit bis zu 75 Prozent ab 1 Million EUR besteuern. Laut der Linken würden Einkommen unter 7.000 EUR brutto profitieren, darüber mehr zahlen. Erbschaften werden ebenfalls stärker besteuert. Unternehmen werden durch höhere Körperschaftssteuern, eine Finanztransaktionssteuer und eine Übergewinnsteuer auf (nicht definierte) “Krisengewinne” von 90 Prozent belastet. Die Mehrwertsteuer soll auf mehrere Produktkategorien, darunter Grundnahrungsmittel, komplett entfallen. Kapitalgewinne sollen wie Arbeitseinkommen besteuert werden.

BSW

Das BSW möchte wie SPDGrüne und Linke vor allem bei geringen Einkommen entlasten. Es plant eine “deutliche” Erhöhung des Grundfreibetrags und weitaus höhere Freibeträge für Renten. Der Spitzensteuersatz soll später greifen. Kapitalerträge werden wie Arbeitseinkommen behandelt. Auch das BSW verlangt eine Vermögenssteuer und wird dabei konkret: Ab 25 Millionen EUR wird 1 Prozent erhoben, ab 100 Millionen EUR 2 Prozent, ab 1 Milliarde EUR 3 Prozent. Dazu kommt eine Finanztransaktionssteuer.

Volt

Das Programm der Kleinpartei Volt ähnelt in hohem Maße jenem der linken Parteien, hat jedoch auch Abweichungen. Sie will durch einen “moderat” höheren Grundfreibetrag niedrige und mittlere Einkommen entlasten und die Spitzen- und Reichensteuersätze ebenso “moderat” erhöhen. Eine Vermögenssteuer fordert sie zwar, bleibt aber deutlich vager als Linke und BSW. Auch wenn es um MehrwertsteuerErbschaftssteuer oder Ehegattensplitting geht, folgt Volt den linken Parteien.

Ausnahmen gibt es: Volt will den Soli abschaffen und fordert geringere Unternehmenssteuern; zudem scheint die Partei Kapitalerträge eher per Freibetrag fördern als stärker besteuern zu wollen.

Gedanken der whathappened-Redaktion: Im Grunde existieren bei den Steuerplänen zwei Lager: SPD, Grüne, Linke und BSW wollen eine umverteilende Steuerpolitik und planen wenige bis keine Vorteile für Unternehmen. Union, FDP und AfD möchten in der Breite entlasten, bei Haushalten und Firmen, doch der Effekt wäre bei hohen Einkommen am stärksten. In Analysen verlieren geringe Einkommen bei diesen Parteien teilweise sogar, doch das liegt nicht an der Steuerpolitik selbst, sondern etwa an den Plänen fürs Bürgergeld oder Anrechnungsregeln bei bestimmten staatlichen Transferleistungen wie dem Wohngeld. 

Weiterlesen: 

Zu Schulden
Die Welt in der Schuldenkrise (2022)
Der sinnlose, sinnlose Schuldenstreit in den USA (2022)
Worum es in der US-Wahl geht: Die Wirtschaft (2024)

Wirtschaftsrückblicke
Jahresreview 2021
Jahresreview 2022
Jahresreview 2023

Zu Deutschlands Wirtschaft
Das Ende der Atomenergie (2023)
Deutschland wagt die Wärmewende (2023)
Deutschlands Strukturkrise: Strom (2023)
Deutschlands Strukturkrise: Bürokratie (2023)
Deutschlands Strukturkrise: Fachkräftemangel (2023)
Die Lage mit LNG in Deutschland und Europa (2022)
Die kritische Infrastruktur in Deutschland und Europa (2022)

Zur “Polykrise” 2021/22
Die Energiekrise, in zwei Teilen (2022)
Die Welt in der Schuldenkrise (2022)
Die Welt kämpft mit der Nahrungsmittelkrise (2022)
Was ist los in der Weltwirtschaft? (2022)
Big Tech, die zweite Riege und der Crash (2022)
Die Chipindustrie, der Kreislauf und die Geopolitik (2022)


Zu EU, USA und Rest der Welt
Russlands Wirtschaft geht es nicht gut (2024)
Europas Süden wird zur Erfolgsstory (2024)
Argentinien unter Milei (2024)
Chinas Wirtschaft tut nicht, was sie soll (2023)
Ein Hauch von Finanzkrise (2023)
Worum es in der US-Wahl geht: Migration (2024)
Ein Hauch von Finanzkrise (2023)

Scroll to Top